Im erbitterten Streit über eine gemeinsame Schuldenaufnahme in Europa haben sich italienische Politiker direkt an die Deutschen gewandt und um Zustimmung für Corona-Bonds geworben. In einer ganzseitigen Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schrieben sie am Dienstag, es gehe nicht um die Vergemeinschaftung der öffentlichen Altschulden, sondern um ausreichende Mittel für einen großen europäischen Rettungsplan.
Der Streit über Corona-Bonds entzweit die EU-Staaten. Italien, Spanien, Frankreich und andere Staaten fordern sie vehement, während sich Deutschland, die Niederlande, Österreich und andere sperren. Da sich die Staats- und Regierungschefs nicht einigen konnten, soll nun die Eurogruppe neue Vorschläge erarbeiten. Der Vorsitzende Mario Centeno hat sie für den 7. April angekündigt.
In einem Brief an die EU-Finanzminister erwähnte Centeno die Corona-Bonds zwar nicht direkt, ließ aber seine Haltung durchblicken: Die EU-Staaten sollten vorhandene Instrumente prüfen, aber auch offen für neue sein, heißt es in dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Verschiedene Vorschläge sollten in Kombination betrachtet werden.
Man sollte Optionen erarbeiten, den Eurorettungsschirm ESM und die Europäische Investitionsbank EIB für Krisenhilfen zu nutzen, und offen sein für neue Vorschläge der EU-Kommission.
Zudem bin ich bereit, konkrete, gerechtfertigte, wirksame Vorschläge in die Diskussion einzubringen, um unsere Antwort zu stärken", schrieb Centeno.
Die Verschuldung der europäischen Länder werde nach der Krise unweigerlich viel höher sein.
Die Art und Weise, wie wir mit dieser gemeinsamen Last umgehen, wird entscheidend dafür sein, wie wir die Krankheit eindämmen können, aber auch wie und in wieweit wir uns erholen können und letztlich auch für den Zusammenhalt der Eurozone.
In der Zeitungsanzeige erinnern die italienischen Abgeordneten und Bürgermeister aus verschiedenen Parteien an das Londoner Schuldenabkommen von 1953, als 21 Länder Deutschlands Schulden halbiert und den Rest gestundet hatten. Italien sei noch heute überzeugt von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Deutschland habe damals die Staatspleite vermeiden können und Solidarität erfahren.
Die Verfasser üben zudem scharfe Kritik an den Niederlanden, die sich wie Deutschland gegen europäische Gemeinschaftsanleihen wehren. Mit ihrem Steuersystem entzögen die Niederlande seit Jahren den EU-Partnern Einnahmen.
In den Niederlanden selbst gibt es inzwischen Kritik an der harten Haltung von Ministerpräsident Mark Rutte. Die Europäische Union müsse besonders getroffenen Ländern wie Italien und Spanien großzügig helfen, forderte der Fraktionsvorsitzende der christlichen Regierungspartei ChristenUnie, Gert-Jan Segers, und brachte einen "Marshallplan für Südeuropa" ins Gespräch. Ruttes linksliberaler Koalitionspartner Democraten 66 äußerte sich ähnlich.
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(dpa/rt)