Die Ermordung des iranischen Generalmajors Qassem Soleimani und des irakischen Vizechefs der Volksmobilisierungskräfte (PMU) Abu Mahdi al-Muhandis Anfang Januar in Bagdad hat nicht dazu geführt, was sich Washington eigentlich erhofft hatte. Das sagten nicht näher genannte Beamte des Pentagons und Militärs gegenüber der New York Times. Ganz im Gegenteil:
Die Angriffe gegen US-Ziele nehmen seitdem zu und gipfelten im Tod von zwei Angehörigen der US-Streitkräfte und einer britischen Soldatin. Man hat sogar die Sicherheitsvorkehrungen für General Kenneth McKenzie, den Oberkommandierenden des US Central Command (CENTCOM), verschärft, aus Sorge, dass er einem Attentat zum Opfer fallen könnte.
Als Reaktion auf die Eskalation entsandte Washington zum ersten Mal seit 2012 gleich zwei Flugzeugträger (USS Dwight D. Eisenhower und USS Harry S. Truman) in den Persischen Golf. General McKenzie sagte dazu auf einer Pressekonferenz am 13. März:
Wir werden sie für eine Weile hierbehalten, um dem Iran zu signalisieren, dass eine Vergeltung zu einer massiven Antwort führen wird.
Mit diesen zwei Flugzeugträgern verfügen die US-Streitkräfte derzeit über dutzende Kampfjets des Typs F/A-18 in den warmen Gewässern des Golfs.
Einer davon könnte vergangenen Freitag versucht haben, eine iranische Reaktion zu provozieren, als sich eine nicht identifizierte F/A-18 dem iranischen Luftraum näherte und erst nach mehrmaligen Warnungen abdrehte. In einem vom staatlichen Fernsehen veröffentlichten Video wurde ein Luftabwehroffizier gefilmt, wie er die Besatzung des herannahenden Kampfjets vor einem Abschuss warnt, sollte sie nicht den Kurs ändern:
Das ist die letzte Warnung. Over.
Je nach Modell der F/A-18 fliegt in der E-Version nur ein Pilot, in der F-Version fliegen ein Pilot und ein Waffensystemoffizier.
Damit nicht genug. Wie die New York Times weiter berichtete, brach eine Diskussion beim US-Präsidenten Donald Trump über die weitere Vorgehensweise aus. Dort standen sich auf der einen Seite Kriegstreiber wie Außenminister Mike Pompeo und der aus Deutschland bekannte Richard Grenell, nunmehr neuer geschäftsführender Direktor aller US-Geheimdienste (Director of National Intelligence – DNI), auf der anderen Seite ranghohe Militärs gegenüber, die sich lauthals Wortgefechte lieferten.
So sollen nach Angaben der Zeitung Pompeo und Grenell darauf gedrängt haben, die Corona-Pandemie im Iran auszunutzen, um direkt gegen iranische Ziele – beispielsweise die Schnellboote der Revolutionsgarden – loszuschlagen. Das würde die Regierung in Teheran auch angesichts der Gesundheitskrise überraschen und sie an den Verhandlungstisch zwingen, lautete deren Argumentation.
Doch Verteidigungsminister Mark Esper und Generalstabschef Mark Milley auf der anderen Seite setzten sich bei diesem offenen Streit – zumindest vorübergehend – durch. Ein direkter Angriff auf den Iran – ohne Beweise zu haben, dass das Land tatsächlich für die irakischen Raketenangriffe auf US-Ziele im Zweistromland verantwortlich ist – würde die USA nur in einen Krieg gegen den Iran führen und am Ende dafür sorgen, dass sich auch Bagdad von Washington abwendet.
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