Die Kämpfe in der syrischen Provinz Idlib gehen mit unverminderter Härte weiter. Am Sonntag verkündete die Türkei den Beginn der "Operation Frühlingsschild". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte Anfang Februar eine große Militäroffensive angekündigt, sollte die syrische Armee sich nicht bis Ende Februar auf die Positionen vor Beginn ihrer Offensive in Idlib zurückziehen. Die Provinz ist die letzte Bastion islamistischer Aufständischer und wird größtenteils vom syrischen Al-Qaida-Ableger HTS (Hayat Tahrir al-Scham, ehemals Nusra-Front) kontrolliert.
Am Donnerstagabend eskalierte die Lage, als über 30 türkische Soldaten bei Luftangriffen getötet wurden. Laut Moskau hatten sich die Soldaten unter Terrorgruppen gemischt. Ankara reagierte in den Folgetagen mit massivem Artilleriebeschuss und Drohnenangriffen auf Stellungen der syrischen Armee, die dabei hohe Verluste erlitt. Laut Erdoğan wurden über 300 Militärfahrzeuge, darunter mehr als 90 Panzer, außer Gefecht gesetzt.
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Damaskus spricht hingegen von "irreführenden" Aussagen und wirft dem türkischen Präsidenten Übertreibung vor. Doch auch in prosyrischen Quellen ist von Dutzenden zerstörten Kampfpanzern und gepanzerten Fahrzeugen der Armee die Rede. Infolge gelang es den von der Türkei unterstützten Aufständischen, den Vormarsch der Armee im Süden der Provinz aufzuhalten und diese zurückzudrängen.
Die von der Armee vergangene Woche erzielten Geländegewinne in der Region des Berges Zawiya wurden von den Dschihadisten größtenteils wieder rückgängig gemacht. Beobachter gehen davon aus, dass sie dort die Regierungstruppen weiter zurückdrängen werden.
Das türkische Verteidigungsministerium veröffentliche Videoaufnahmen, die einen Angriff auf einen Konvoi der syrischen Armee im Süden Idlibs zeigen sollen.
Regierungstruppen marschieren wieder in Saraqib ein
An einem anderen Frontabschnitt in Idlib konnte die syrische Armee hingegen Fortschritte erzielen. Ihr gelang es am Sonntag, wieder in die strategisch wichtig gelegenen Stadt Saraqib vorzudringen, durch die die Schnellstraßen M4 und M5 verlaufen. Auch einige Vororte konnte sie einnehmen.
Vergangene Woche hatten die Aufständischen die Stadt nach mehreren, teils sehr verlustreichen Anläufen mithilfe des türkischen Militärs zurückerobert. Vor drei Wochen war es der syrischen Armee gelungen, die Stadt erstmals seit Jahren einzunehmen.
Die syrische Nachrichtenagentur SANA veröffentliche am Montag Bilder, die syrische Soldaten in der Stadt zeigen. Demnach sind "Armeeeinheiten nach heftigen Gefechten mit terroristischen Organisationen, die vom türkischen Regime unterstützt werden, in die Stadt eingedrungen und arbeiten daran, die Stadt zu durchkämmen". Ob die Stadt komplett von der Armee eingenommen wurde, wie es auch Pro-Regierungskreisen heißt, ist noch nicht bestätigt.
Die Türkei hatte zuvor schon drei Mal militärisch in Nordsyrien eingegriffen. Im Oktober hatte sie östlich des Flusses Euphrat eine international umstrittene Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG begonnen, die die Türkei als Terrororganisation ansieht. Russland und die Türkei hatten sich anschließend darauf verständigt, nordsyrische Grenzgebiete zur Türkei gemeinsam zu kontrollieren. Die YPG sollte sich zudem aus dem Grenzgebiet zurückziehen.
Im Jahr 2016 hatte die Türkei mit der Offensive "Schutzschild Euphrat" in der Umgebung des syrischen Orts Dscharabulus die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) von der Grenze vertrieben, aber auch die Kurdenmiliz YPG bekämpft. Anfang 2018 hatte die türkische Armee mit von ihr unterstützten Islamisten in einer Offensive gegen die YPG die kurdisch geprägte syrische Grenzregion Afrin eingenommen.
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