US-Präsident Donald Trump hat den jahrzehntelangen Krieg der Vereinigten Staaten im Nahen Osten – insbesondere im Irak – als einen großen Fehler bezeichnet, der auf einer List beruht habe, und offen erklärt, dass der frühere Machthaber im Irak, Saddam Hussein, zum Zeitpunkt der Invasion über keinerlei Massenvernichtungswaffen verfügte.
Trump verbeitete diese Erklärung einmal mehr über den Kurznachichtendienst Twitter, um die Anti-Kriegs-Rhetorik seines Wahlkampfes von 2016 wiederzubeleben. Sie steht im Zusammenhang mit dem Versuch, seine jüngste Entscheidung zu verteidigen, Truppen aus Nordostsyrien abzuziehen.
Die Worte Trumps lösten einen Aufruhr unter dessen Kritikern aus, die ihn beschuldigen, die von den USA unterstützte kurdische Miliz in dem Gebiet zu verraten und sie nun somit einer türkischen Offensive auszusetzen. Demokraten und Republikaner attackieren Trump für den Verrat an den kurdischen Verbündeten nach dem Rückzug aus Syrien.
Trump erwiderte:
Die Vereinigten Staaten haben acht Billionen [8.000 Milliarden — Anm. Red.] US-Dollar für den Kampf und die Polizeiaufgaben im Nahen Osten ausgegeben.
Während der Präsident seine Anhänger noch einmal daran erinnerte, dass Washington acht Billionen US-Dollar für Kriege im Nahen Osten verschwendet hat, gingen Trumps Klagen diesmal aber über die irrsinnigerweise ausgegebenen "Billionen" von US-Dollar noch deutlich hinaus:
Wir zogen unter einer falschen und jetzt widerlegten Prämisse in den Krieg, den Massenvernichtungswaffen. Es gab keine!
Dieses Eingeständnis ist so weit kaum überraschend. Überraschend ist allerdings, dass der amtierende US-Präsident selbst es derart unverblümt ausspricht.
Der ehemalige Präsident George W. Bush, der die Vereinigten Staaten überhaupt erst in diesen Sumpf hineingezogen hatte, schob die Schuld auf fehlerhafte Geheimdienstinformationen und bedauerte zugleich, die angeblichen Massenvernichtungswaffen nicht gefunden zu haben. Sein Nachfolger Barack Obama, der früher als Gegner des Irakkrieges auftrat, stellte als US-Präsident die Gründe für die Irak-Invasion niemals direkt in Frage.
"Tausende" US-amerikanischer Soldaten starben oder wurden bei dem Konflikt verwundet, der Millionen Menschenleben "auf der anderen Seite" kostete, sagte Trump – und liegt dieses Mal nicht so weit von der Wahrheit entfernt.
Nach dem Völkerrecht wäre der Irakkrieg – wenn er auf einer Lüge basiert – eine kriminelle Handlung und eine offene und widerrechtliche Verletzung der Souveränität des Irak. Das nach dem Zweiten Weltkrieg eingesetzte Nürnberger Kriegsverbrechertribunal erklärte seinerzeit die Planung und Einleitung eines Angriffskrieges zum schwersten Verbrechen des damaligen NS-Regimes, aus dem alle anderen Gräueltaten der Nazis folgten, einschließlich des Holocaust. Auf der Grundlage dieses Rechtsprinzips könnten Bush, dessen Vizepräsident Dick Cheney und andere hochrangige US-Beamte ebenso wie ihre Nachfolger in den Regierungen von Obama und Trump, die die US-Kriegseinsätze im Nahen Osten weiterführten und sie auf Syrien und Libyen ausweiteten – während sie heute bereits neuerlich einen Krieg gegen den Iran androhen –, als Kriegsverbrecher verfolgt werden.
Der Krieg, der 2003 mit der US-Invasion im Irak begann und fast ein Jahrzehnt lang bis 2011 dauerte, kostete die USA unterschiedlichen Kalkulationen zufolge fast 4.500 Menschenleben. Etwa eine halbe Million Iraker starb im gleichen Zeitraum infolge des Krieges und der militärischen Besetzung. Einige Schätzungen gehen von mehr als einer Million Getöteter aus.
Jetzt, mehr als anderthalb Jahrzehnte später, sagt ein US-amerikanischer Präsident in aller Offenheit:
Der Eintritt in den Nahen Osten ist die schlechteste Entscheidung, die je in der Geschichte unseres Landes getroffen wurde!
Ein Fehler, der zudem außerordentlich kostspielig war. Obgleich der Präsident nicht offenlegte, auf welche Quellen er sich bei seiner ständig nach oben korrigierten Schätzung der US-Ausgaben für die Kriege im Nahen Osten stützt (letztes Mal sprach er von sieben Billionen US-Dollar), gehen auch andere Berichte davon aus, dass die USA eine erhebliche Summe für die Kriege – und deren Folgen – in der Region ausgaben.
Laut einem Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des US-Kongresses aus dem Jahr 2014 beliefen sich die Kosten des sogenannten "Krieges gegen den Terror" bis dahin auf mindestens 1,6 Billionen US-Dollar. Später bezifferte eine Studie der Brown University aus dem Jahr 2016 die Kosten der US-Kriege im Irak, in Afghanistan und Syrien auf etwa 3,6 Billionen Dollar für den Zeitraum von 2001 bis 2016 und prognostizierte, dass sie bis Ende 2017 auf voraussichtlich 4,79 Billionen US-Dollar klettern würden.
Ein Diskussionspapier der Harvard University aus dem Jahr 2013 besagt, dass sich die Kosten für nur zwei US-Kriege – im Irak und in Afghanistan – letztlich auf vier bis sechs Milliarden US-Dollar belaufen könnten, einschließlich der Ausgaben, die mit der langfristigen medizinischen Versorgung und der Entschädigung für Behinderungen durch Kriegsfolgen für Militärangehörige, Veteranen und deren Familien, mit dem Ersatz militärischen Personals sowie mit sonstigen sozialen und wirtschaftlichen Kosten verbunden sind.
Im Juli 2018 enthüllte ein Bericht der US-Aufsicht für Afghanistan, dass allein in diesem Land, in dem die Vereinigten Staaten bereits seit 2001 einen weiteren scheinbar endlosen Krieg führen, mehr als 15 Billionen US-Dollar für sinnlose Wiederaufbauprojekte verschwendet wurden. Die USA fielen in Afghanistan 2001 nach dem verheerenden Angriff vom 11. September als Rechtfertigung ein, um gegen die dort regierenden Taliban vorzugehen. Fast zwei Jahrzehnte später ist es aber auch der US-Militärmacht noch immer nicht gelungen, die Taliban zu besiegen, ganz im Gegenteil.
Mehr zum Thema - Weltfremde "Iran-Experten" sind erst der Beginn der außenpolitischen Probleme Washingtons