Angriff auf saudische Ölanlagen – Das totale Versagen des US-Abwehrsystems Patriot und seine Folgen

Die USA sind die Schutzmacht der Saudis und deren größter Lieferant modernsten und teuersten Kriegsgeräts. Der erfolgreiche Drohnenangriff auf saudische Ölanlagen wirft daher unbequeme Fragen für Washington auf. Von dort kommen Ablenkungsmanöver gen Iran.

von Finian Cunningham

Der verheerende Schlag gegen die Ölindustrie Saudi-Arabiens hat zu einer Flut von Anschuldigungen der Vereingten Staaten gegen den Iran geführt. Der Grund dafür ist simpel: Washingtons spektakuläres Versagen, seinen saudischen Verbündeten zu schützen.

Washington muss daher den Iran für den jüngsten militärischen Angriff auf Saudi-Arabien zum Sündenbock machen. Denn anzuerkennen, dass die jemenitischen Huthi-Rebellen einen derart erfolgreichen Angriff auf das Kerngebiet des Ölgiganten führen können, wäre ein Eingeständnis der US-amerikanischen Unzulänglichkeit.

Saudi-Arabien hat in den letzten Jahren Milliarden von US-Dollar für den Kauf von Patriot-Raketenabwehrsystemen und angeblich modernster Radartechnologie made in USA ausgegeben. Wenn die jemenitischen Rebellen Kampfdrohnen bis zu 1.000 Kilometer tief in saudisches Gebiet fliegen und mit ihnen neuralgische Produktionsstätten der Ölindustrie des Königreichs zerstören können, dann wäre das nicht anderes als eine riesige Peinlichkeit für die "Schutzmacht" USA.

Die Verteidigung Saudi-Arabiens durch die USA ist besonderer Ausdruck und Garant der historischen Beziehungen beider Staaten. Saudische Ölexporte sind die größten der Welt und in US-Dollar nominiert. Dadurch sind sie entscheidend für die Aufrechterhaltung des Weltmarkts für Petrodollar, der wiederum entscheidend für die US-amerikanische Wirtschaftsmacht ist. Im Gegenzug sind die USA verpflichtet, als Beschützer der saudischen Monarchie zu agieren. Was mit dem lukrativen Zusatznutzen verbunden ist, den Saudis jedes Jahr US-amerikanische Waffen für Milliardesummen zu verkaufen.

Nach Angaben des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) verfügt Saudi-Arabien über den drittgrößten Militärhaushalt der Welt, hinter den USA und China. Mit jährlichen Ausgaben von rund 68 Milliarden US-Dollar ist das Land gemessen am Anteil des Rüstungsetats am Bruttoinlandsprodukt (8,8 Prozent) weltweit sogar die Nummer eins. Die meisten saudischen Waffen stammen aus den USA, wobei insbesondere die Patriot-Raketensysteme hochpreisige Anschaffungen sind.

Doch trotz aller besonderer Ausgabefreude und der besten US-amerikanischen Militärtechnologie erlebte die Ölmonarchie gerade eine potenziell lähmende Welle von Angriffen auf seine Lebensadern. Die saudische Ölproduktion im gigantischen Raffineriekomplex von Abqaiq, 330 Kilometer östlich der Hauptstadt Riad, sank um 50 Prozent, nachdem sie durch Drohnenangriffe in Brand geriet. Eines der größten Ölfelder Saudi-Arabiens in Churais, ebenfalls in der Ostprovinz, wurde gleichfalls teilweise geschlossen.

Es gibt glaubwürdige Berichte, dass der Schaden viel gravierender ist, als die saudischen Offiziellen zugestanden haben. Die Instandsetzung dieser Schlüsselstandorte der Ölindustrie kann Wochen dauern.

US-Außenminister Mike Pompeo hat es zur Hälfte richtig verstanden, als er sagte: "Der Iran hat einen beispiellosen Angriff auf die Energieversorgung der Welt gestartet."

Ja, es ist beispiellos. Aber Pompeo und andere US-Beamte haben es höchstwahrscheinlich falsch verstanden, den Iran zu beschuldigen.

Einige Mitglieder der Trump-Administration sagten gegenüber US-Medien, dass "Marschflugkörper" für die riesigen Feuerbälle über den saudischen Ölanlagen verantwortlich seien. Eine dieser Stimmen wurde anonym mit den Worten zitiert: "Es besteht kein Zweifel, dass der Iran dafür verantwortlich ist. (...) Es gibt kein Entrinnen. Es gibt keinen anderen Kandidaten."

Um die Anschuldigungen gegen den Iran zu untermauern, wurden eilig Satellitenbilder veröffentlicht, die die Folgen des Luftangriffs auf den Raffineriekomplex Abqaiq zeigen sollen. US-Beamte behaupten, dass der Ort der Explosionen darauf hinweist, dass die eingesetzten Waffen nicht aus dem Jemen im Süden, sondern aus dem Iran oder dem Irak stammen.

Selbst die normalerweise pflichtschuldige New York Times äußerte Zweifel an dieser Behauptung und kommentierte dies in ihrem Bericht:

Die am Sonntag veröffentlichten Satellitenfotos erschienen nicht derart klar und eindeutig wie von offizieller Seite unterstellt, einige schienen Schäden auf der westlichen Seite der Anlagen zu zeigen, nicht aus Richtung Iran oder Irak.

Die Vorwürfe von Pompeo und anderen sind Behauptungen anstelle von begründeten Tatsachendarstellungen.

Es ist bemerkenswert, dass Präsident Donald Trump davon abgesehen hat, den Iran offen namentlich zu beschuldigen. Er beließ es lediglich bei einem Hinweis auf die Möglichkeit von dessen Beteiligung. Wenn Pompeo so versessen darauf ist, dem Iran etwas ans Zeug zu flicken, warum ist es dann nicht auch Trump? Stattdessen machte der US-Präsident eine aufschlussreiche Bemerkung, als er sagte, er "warte auf eine Bestätigung" von Saudi-Arabien, "wer ihrer Meinung nach hinter dem Angriff steckt". Nochmals, wenn US-Beamte den Iran ausdrücklich beschuldigen, warum sagt Trump dann, dass er eine "Bestätigung" von den Saudis will?

Der Iran seinerseits hat die Behauptungen, er habe etwas damit zu tun, entschieden zurückgewiesen und erklärt, dass die Verlautbarungen von Pompeo "blind" seien und dem Provozieren eines Konflikts gleichkämen.

Auch der irakische Premierminister Adel Abdul Mahdi wies Behauptungen zurück, das Territorium seines Landes könnte von pro-iranischen schiitischen Milizen für diese Luftangriffe auf Saudi-Arabien genutzt worden sein.

Dafür haben sich die Huthi-Rebellen im Jemen unmissverständlich zu den Luftangriffen auf die saudischen Ölanlagen bekannt. Sie machten deutlich, dass die Waffen Drohnen und keine Raketen waren, und fügten unter Angabe von Details hinzu, dass zehn unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs) eingesetzt wurden.

So meldeten auch die meisten US-Medien zunächst, dass die Angriffe von Drohnen aus dem Jemen stammten. Associated Press berichtete vom hohen Maß an Raffinesse der Angriffe, bei denen zuerst Drohnen eingesetzt wurden, um die Radarsysteme des US-Patrioten auszuschalten, bevor andere UAVs mit den eigentlichen Luftangriffen begannen.

Es scheint daher, dass US-Beamte versuchen, die Geschichte der Angriffe umzuschreiben, indem sie den Iran beschuldigen. Eine rücksichtslose Sündenbocktaktik, denn als logische Konsequenz könnte dies einen militärischen Angriff auf den Iran auslösen. Und Teheran hat für diesem Fall gewarnt, dass es kriegsbereit ist.

Die Begründung für die Schuldzuweisung an den Iran ist, dass die jemenitischen Rebellen (die der Iran politisch unterstützt) einfach nicht in der Lage seien, Drohnen mit solch durchschlagendem Erfolg gegen die saudische Ölindustrie einzusetzen. Der Täter muss also der Iran sein, so die zwingende Argumentation. Dies stehe als Folgemaßnahme in einer Reihe mit den behaupteten Sabotagaktionen seitens des Iran gegen Öltanker im Persischen Golf Anfang dieses Sommers.

Die Chronologie zeigt jedoch, dass die Huthis durchaus in der Lage sind, immer mächtigere ballistische Raketen und tiefer in saudisches Gebiet eindringende Drohnen zu starten. Seit Beginn des Krieges, den die von den USA unterstützte saudi-arabische Koalition im März 2015 gegen das südarabische Land startete, setzen die Rebellen Drohnen ein.

In den zurückliegenden vier Jahren hat sich die Huthi-Feuerkraft aus der Luft Schritt für Schritt verbessert. Früher konnten die Saudis mit US-amerikanischen Abwehrsystemen Drohnen und Raketen aus dem Jemen abfangen. Aber seit dem vergangenen Jahr haben die Rebellen ihre Erfolgsquote zielgenauer Angriffe auf das saudische Landesinnere, einschließlich der Hauptstadt Riad, gesteigert.

Im Mai dieses Jahres trafen die Huthi-Drohnen die äußerst wichtige Ost-West-Pipeline Saudi-Arabiens. Im August sollen Drohnen und ballistische Raketen das Ölfeld Schaiba nahe der Grenze zu den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie die Exportanlagen in Dammam in der saudischen Provinz asch-Scharqiyya (Ostprovinz) getroffen haben.

Die Jemeniten behaupten, dass sie den Krieg nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emirate bringen, nachdem jahrelange unerbittliche Luftangriffe auf ihr Heimatland fast 90.000 Menschenleben gefordert haben. Ein kürzlich erschienener UN-Bericht kritisierte die USA, Großbritannien und Frankreich wegen möglicher Komplizenschaft bei Kriegsverbrechen durch ihre militärische Unterstützung der saudischen Koalition.

Unter den Monarchen in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten muss die Angst umgehen, dass die Rebellen aus dem kriegszerrütteten und hungernden Jemen sie jetzt mit Drohnen heimsuchen, die ihre Ökonomien zerstören könnten. Und noch dazu ist der viel gepriesene US-amerikanische Beschützer nicht in der Lage, seinen Teil des strategischen Übereinkommens zu erfüllen, trotz Milliarden von US-Dollar für Pentagon-Waffen. Deshalb muss Washington eine Ausrede finden – und den Iran zum Bösewicht machen.

Finian Cunningham ist preisgekrönter Journalist. Er schreibt vorrangig zu internationalen Angelegenheiten.

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