Bei syrischen Flüchtlingen in der Türkei geht die Angst vor Massenabschiebungen in ihr Herkunftsland um. Der Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu sieht die offizielle Zahl von 500.000 syrischen Flüchtlingen in seiner Stadt stark untertrieben. Seiner Meinung nach sind es bereits eine Million. Insgesamt halten sich über 3,6 Millionen Syrer in der Türkei auf.
Bis zum 20. August müssen diejenigen Flüchtlinge die Istanbuler Provinz verlassen, die nicht registriert sind. Es soll sich dabei um 200.000 Menschen handeln. Jeder Flüchtling, der die türkische Grenze illegal überquert hat, wird deportiert. Illegale Flüchtlinge werden mittels türkischer Informanten aufgespürt.
Die Berichte über Abschiebungen häufen sich. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu erklärte hierzu:
Dieses Thema betrifft nur Illegale und illegale Migration. Es kommt nicht in Frage und ist nicht akzeptabel, dass syrische Menschen, die unter vorübergehendem Schutz stehen, Ausländer, denen der internationale Schutzstatus gewährt wird, oder Menschen, die in unserem Land eine Aufenthaltserlaubnis haben, abgeschoben werden.
Der Präsident des in Ankara befindlichen Forschungszentrums für Asyl und Migration, Metin Çorabatır, sagte, Berichte über unfreiwillige Abschiebungen basierten auf Desinformationen und Missverständnissen. Insgesamt 360.000 Syrer hätten türkische Behörden in sichere syrische Gebiete unter türkischer Kontrolle zurückgeführt. Obwohl sie in anderen Regionen der Türkei registriert seien, hielten sich viele in Istanbul auf, da sie sich dort sicherer vor ausländerfeindlichen Übergriffen fühlten und bessere Erwerbschancen sähen.
Tausende der syrischen Flüchtlinge werden von der türkischen Polizei derzeit dazu gebracht, "freiwillige" Ausreiseformulare zu unterzeichnen. Bei Nichtunterzeichnung droht Haft.
Auch die Situation im Libanon für die 1,6 Millionen Flüchtlinge aus dem Nachbarland ist heikel. Die Mehrheit unter ihnen hat keine der kostenpflichtigen Aufenthalts- oder Arbeitsgenehmigungen. Die libanesische Regierung vertritt generell die Ansicht, dass eine Rücksendung der Flüchtlinge erst dann möglich sei, wenn die UN eine politische Lösung mit Syrien herbeigeführt hat. Andere Kräfte fordern direkte Verhandlungen mit der Regierung Assads.
Der Libanon verschärfte nun die Aufenthaltsregeln. Binnen eines Monats müssen diejenigen Arbeitgeber, die Syrer beschäftigen, Arbeitserlaubnisse für die Ausländer einholen. Kommen sie diesem Aufruf nicht nach, werden die Flüchtlinge abgeschoben, und die Arbeitgeber müssen eine Geldstrafe zahlen.