Der Außenminister des Vereinigten Königreichs, Jeremy Hunt, erklärte am Donnerstag, dass das syrische Staatsoberhaupt "für eine Weile da sein wird". Der Hauptgrund dafür sei die anhaltende Unterstützung Russlands für Baschar al-Assad.
Diese Aussage scheint einen Kurswechsel der britischen Regierung zu markieren, die zuvor darauf bestanden hatte, dass al-Assad seine Legitimität für die Herrschaft verloren hat. Außenminister Hunt fuhr fort:
Ich denke, Sie wissen, dass es die langjährige britische Position ist, dass wir mit diesem Regime keinen dauerhaften Frieden in Syrien haben werden. Aber leider denken wir, dass er für eine Weile da sein wird. Und das liegt an der Unterstützung, die er von Russland erhalten hat."
Über Moskaus Rolle in der nahöstlichen Konfliktregion äußerte sich Hunt entgegenkommend:
Russland könnte denken, dass es einen Einflussbereich gewonnen hat. Was wir ihnen sagen würden, ist: Ja, und sie haben auch eine Verantwortung übernommen."
"Wenn sich [Russland] in Syrien engagieren will, dann muss es sicherstellen, dass es in Syrien wirklich Frieden gibt", fuhr der Minister fort.
Es ist das erste Mal, dass ein britischer Minister so offen über die Realität vor Ort in Syrien spricht, nachdem die Streitkräfte al-Assads ihre Konsolidierung verstärken konnten und entscheidende Gebiete wiedererobert haben, die lange von Rebellen und islamistischen Kämpfern gehalten wurden. Diese aufständischen Milizstrukturen wurden unter anderem vom Vereinigten Königreich selbst seit 2011 mitunterstützt.
Einem Bericht der regierungsnahen syrischen Nachrichtenseite Al Masdar zufolge sei der Beweis dafür, dass London ernsthaft erwägt, die Beziehungen mit Damaskus wieder aufleben zu lassen, der Wiederaufbau der britischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt. Damit könnte sich die britische Regierung einer Reihe von arabischen Golfstaaten anschließen, angeführt von den Vereinigten Arabischen Emiraten, die bereits damit begonnen haben, ihre Botschaften wiederzueröffnen und diplomatische Beziehungen aufzunehmen.
Unterdessen schaltete sich die Europäische Union ein, die zeitgleich in schweren Brexit-Verhandlungen mit London steht. Die EU forderte Ägypten auf, das ebenfalls seine Beziehungen mit al-Assad normalisieren möchte, keine Rolle dahingehend zu spielen, dass Syrien wieder in die Arabische Liga zurückgeführt wird. Die EU verfasste über ihre ablehnende Haltung bezüglich einer Reintegration Syriens in die arabische Welt eigens eine Stellungnahme.
Syriens staatliche Nachrichtenagentur SANA berichtete zuvor, dass der Leiter des syrischen Nationalen Sicherheitsbüros, Ali Mamlouk, Kairo am 22. Dezember auf Einladung des ägyptischen Geheimdienstchefs Abbas Kamel besuchte. Die Geheimdienstchefs trafen sich, um gemeinsame politische und sicherheitspolitische Anliegen zu besprechen.
Hunt bricht damit nicht nur mit der politischen Linie seines Vorgängers Boris Johnson, sondern auch mit dem Kurs der Europäischen Union. Boris Johnson sagte vor einem Jahr, dass Präsident al-Assad nur dann wiedergewählt werden sollte, wenn eine Friedensregelung erzielt werden konnte. Gegenwärtig fürchtet London einen sogenannten harten Brexit mit Brüssel. Dabei könnte es dazu kommen, dass in Nordirland eine EU-Außengrenze entsteht. Die britische Regierung rechnet mit Unruhen und trainiert speziell dafür fast 1.000 Polizeibeamte.
Syrische Diplomaten wurden 2012 aus London und vielen anderen westlichen Hauptstädten ausgewiesen, als erste Zusammenstöße in syrischen Städten ausbrachen.
Seit der militärischen Intervention Moskaus im Jahr 2015 ist es dem lange Zeit in die Enge getriebenen syrischen Präsidenten gelungen, die Kontrolle über den größten Teil Syriens zurückzugewinnen, vor allem dank der russischen Lufthoheit und einer intensiven iranischen Bodenunterstützung.