Vor dem Beginn des höchsten jüdischen Feiertags Jom Kippur (Tag der Sühne) griff der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Hörer und wählte den russischen Präsidenten Wladimir Putin an. Netanjahu drückte sein Beileid im Namen Israels über den Tod der Insassen einer abgeschossenen russischen Militärmaschine in Syrien aus. Wladimir Putin hatte zuvor erklärt, dass der Abschuss die Folge einer Verkettung unglücklicher Umstände war. Vor drei Jahren initiierten Russland und Israel eine Hotline, um Zusammenstöße in Syrien zu verhindern.
An Jom Kippur wird 25 Stunden lang gefastet, Israel steht an diesem Tag still. Auf den Straßen sieht man nur Rettungsfahrzeuge, Radio- und Fernsehprogramme senden nicht, außer in Notfällen. Allein die arabischen Restaurants bleiben geöffnet. Im Oktober 1973 nutzten Syrien und Ägypten den Feiertag in Israel zu einem Angriff. Der "Jom-Kippur-Krieg" begann, in welchem auch Netanjahu kämpfte und eine Truppe leitete, die er weit in syrisches Gebiet hinein führte. Israel lernte daraus und hält die militärische Bereitschaft auch am Tag der Sühne aufrecht.
Neben den Mitleidsbekundungen hatte Netanjahu eine weitere Botschaft an Putin: Israel werde alles tun, um die Intentionen der Iraner in Syrien aufzuhalten:
Israel ist entschlossen, die iranische militärische Verankerung in Syrien zu stoppen und ebenso die Versuche des Iran, welcher die Zerstörung Israels fordert, tödliche Waffen gegen Israel an die Hisbollah zu übergeben.
Am Montagabend wurde eine russische Militärmaschine vom Typ Iljuschin Il-20 von der syrischen Luftabwehr abgeschossen. An Bord befanden sich zu dem Zeitpunkt 15 russische Militärangehörige. Russland sah danach Israel in der Verantwortung. Die israelischen F-16 Kampfflugzeuge hätten die russische Maschine als Deckung missbraucht, daraufhin schoss die syrische Luftabwehr versehentlich die Il-20 ab. Die Warnung der Israelis vor einem Angriff auf syrische Rüstungsanlagen in Latakia ging lediglich eine Minute zuvor ein. Russland drohte daraufhin seinerseits zu reagieren.
Netanjahu sieht Syrien als verantwortlich für den Tod der russischen Soldaten
Netanjahu sieht die Verantwortung für den Tod der Insassen allein bei Syrien und offerierte "Russland alle notwendigen Details zu übermitteln, um den Zwischenfall zu untersuchen". Er bot an, hierfür den Kommandanten der israelischen Luftwaffe nach Moskau zu entsenden.
Der IDF veröffentlichte am Dienstag auf Twitter ein Statement, in welchem er sein Beileid für die getöteten Soldaten ausdrückte, aber die Verantwortlichkeit Syrien, dem Iran und der Hisbollah zuschob. Der Angriff der Israelis galt, laut dem IDF, einer Schmuggelaktion von Präzisionsnavigationstechnologie in den Libanon.
Während sich die angespannte Lage zwischen Russland und Israel lockerte, wandert der Fokus dieses Konflikts zum Iran. Israel wirft dem Iran vor, seine "Islamische Revolution" ins Ausland zu exportieren. Falls Teheran aus dem Libanon eine Raketenfabrik für die Hisbollah mache, so die Drohung aus Israel, werde man das Land zurück in die Steinzeit bomben.
USA und Israel erwarten von Russland, den Iran aus Syrien zu verbannen - Kompromisse werden abgelehnt
Als John Bolton im August Israel besuchte, empfahl der Sicherheitsberater Donald Trumps dem russischen Präsidenten einem Abzug iranischer Truppen in Syrien zuzustimmen und stellte es so dar, als sei man mit Moskau auf einer Linie:
Präsident Putin (...) sagte es mir vor drei Wochen. (...) Was er sagte, war, dass die iranischen Interessen in Syrien nicht mit den russischen Interessen in Syrien einhergingen und er darin übereinstimme, alle iranischen Truppen in den Iran zurückzuschicken (...) Wir sprachen über die vollständige Rückkehr der (...) iranischen Truppen.
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Am darauffolgenden Tag traf sich Bolton mit seinem russischen Amtskollegen Nikolai Patruschew. Es stellte sich heraus, dass die Behauptung Boltons sich nicht bewahrheitete. Russland stimmte allein einer "geographischen Eingrenzung iranischer Truppen" zu. Als Gegenzug forderte Russland die Aufhebung der Öl-Sanktionen gegen den Iran. Washington lehnte diesen Kompromiss ab.
Der Abzug iranisch geführter Truppen von den Golanhöhen ist für Israel nicht genug. Diesem hatte Teheran aus eigenem Interesse zugestimmt, um Zusammenstöße mit Israel zu vermeiden und den syrischen Truppen die Gelegenheit zu geben, die Kontrolle über die Grenzregion zu übernehmen. Pro-iranische Truppen aus dem System des syrischen Militärs zu entfernen, gestaltet sich schwierig. Die Politik Teherans zielte seit Beginn des Krieges in Syrien auf eine Integration in diese Strukturen.