Die spanische Mitte-Links-Regierung hat den Verkauf von 400 lasergesteuerten Bomben an Saudi-Arabien eingestellt. Der Deal wurde im Jahr 2015, noch unter der Regierung von Mariano Rajoy, unterzeichnet. Berichten zufolge plant die neue spanische Mitte-Links-Regierung, die bereits von den Saudis gezahlten 9,2 Millionen Euro (10,6 Millionen Dollar) zurückzuerstatten. Die Regierung unter der Führung des Sozialisten Pedro Sanchez äußerte ihre Besorgnis über die Bombardierung der jemenitischen Zivilbevölkerung.
Seit Beginn der Militäroperation im Frühjahr 2015 wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 10.000 Menschen getötet. Das bitterarme Land erlebt die schwerste humanitäre Krise unserer Zeit; 8,4 Millionen Menschen leiden Hunger, die Bevölkerung kämpft gegen Cholera, die auf teils gezielte Luftangriffe der saudi-geführten Koalition auf jemenitischen Infrastruktur zurückzuführen ist. Im August warnte die UNO vor einer dritten Welle der Epidemie, die weltweit längst überwunden schien.
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Immer wieder sterben im Krieg unbeteiligte Menschen, darunter Kinder, durch Luftangriffe. Die Vereinten Nationen verurteilten die "wahllosen" Luftangriffe der Koalition und beklagten im Dezember vergangenen Jahres die hohe Anzahl an zivilen Opfern in einem "absurden und zwecklosen Krieg". Zuletzt sorgte die Bombardierung eines Schulbusses in der Provinz Saada für öffentliche Empörung. Durch den Luftangriff sind mindestens 51 Menschen getötet worden, 40 davon Kinder. Weitere 79 Menschen erlitten Verletzungen.
Spanien als Vorbild für andere westliche Verbündete Saudi-Arabiens?
Sanchez wurde im Juni der erste Regierungschef des Landes durch ein gewonnenes parlamentarisches Misstrauensvotum gegen Mariano Rajoy.
Die neue Regierung hat versprochen, alle Rüstungsdeals, die unter der früheren konservativen Regierung unterzeichnet wurden, zu überprüfen. Unter den konservativen Vorgänger-Regierungen wurde Spanien unter den EU-Mitgliedern zu einem der engsten Verbündeten Riads, zuletzt besuchte Kronprinz Mohammed bin Salman Madrid im April dieses Jahres.
Kristina Kausch, Senior Resident Fellow beim German Marshall Fund in Brüssel, sieht in der Entscheidung der spanischen Regierung "einen Trend zur abnehmenden europäischen Geduld hinsichtlich der humanitären Katastrophe im Jemen".
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zeigt sich weniger optimistisch. Ihren Mitarbeitern zufolge gibt es
umfangreiche Belege dafür, dass unverantwortliche Waffenlieferungen an die von Saudi-Arabien geführte Koalition zu einem enormen Schaden für die jemenitische Zivilbevölkerung geführt haben. Aber das haben die USA, das Vereinigte Königreich und andere Staaten, einschließlich Frankreich, Spanien und Italien, nicht davon abgehalten, weiterhin Transfers im Wert von Milliarden von Dollar für solche Waffen zu tätigen."
Abgesehen von der Zerstörung des Lebens der Zivilbevölkerung verhöhne dies auch den globalen Vertrag über den Waffenhandel.
Nach Angaben des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstitut SIPRI gehören die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich zu den Hauptlieferanten von Waffen nach Saudi-Arabien. Die westlichen Verbündeten unterstützen das Land trotz der Vorwürfe der Kriegsverbrechen militärisch und nachrichtendienstlich, um die Regierung von Präsident Abd Rabbuh Mansour Hadi wiederherzustellen, der im Jahr 2015 aus dem Land verdrängt worden war.
UN-Vermittlung - Rüstungsprofiteure nicht am Verhandlungstisch
Erst in der vergangenen Woche beschuldigte eine Gruppe von UN-Experten saudische Streitkräfte, Kriegsverbrechen im Jemen begangen zu haben. Die Expertengruppe legte einen Bericht vor, demzufolge jemenitische, saudische und emiratische Personen wegen Taten, die internationalen Straftaten gleichkommen, "vorbehaltlich der Entscheidung durch ein unabhängiges und zuständiges Gericht" strafrechtlich verfolgt werden können.
Bei der Bombe, welche bei dem Angriff auf einen Schulbus mehr als 50 Leben vorrangig von Kindern unter zehn Jahren forderte, handelte es sich um eine lasergesteuerte MK 82-Bombe aus den Vereinigten Staaten, hergestellt von der Firma Lockheed Martin.
Die Bundesregierung sieht sich aufgrund der humanitären Katastrophe in der Kritik für Waffenverkäufe an Saudi-Arabien. Kurz vor der Vereidigung der neuen Regierung genehmigte das alte Kabinett noch den Export von acht Patrouillenbooten für einen dreistelligen Millionenbetrag nach Saudi-Arabien. Dass die neue Bundesregierung die Deals der Vorgänger annulliert, wie im Fall Spaniens, scheint nicht der Fall. Derweil hilft Deutschland dem Land beim Aufbau eines staatlichen Rüstungsbetriebs, so dass Rüstungsgüter aus Deutschland in Zukunft eher in Teilen geliefert und damit Exportgenehmigungen und die lästige politische Debatte teils umgangen werden könnten.
Derweil ist al-Kaida im Land stärker denn je. Am Donnerstag beginnt in Genf die UN-Vermittlung im Jemen-Konflikt. Erstmals seit August 2016 sitzen damit wieder Unterhändler der offiziellen Kriegsparteien am Verhandlungstisch, nicht aber alle Profiteure der Kriegsökonomie.