von Ali Özkök
Verteidigungsminister Amir Hatami landete am Sonntag für einen zweitägigen Besuch in Damaskus. Laut al-Watan, einer regierungsnahen syrischen Tageszeitung, wurde Hatami von einer umfassenden iranischen Militärdelegation in die syrische Hauptstadt begleitet.
Nach Angaben der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim unterzeichneten die Beteiligten ein Verteidigungsabkommen, nachdem der iranische Verteidigungsminister mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und Verteidigungsminister Ali Abdullah Ayyoub zusammentraf. Beide Seiten einigten sich, die Kooperation in den Bereichen Verteidigung und Militär auszuweiten.
"Sowohl der Privatsektor im Iran als auch die Verteidigungsindustrie der Islamischen Republik Iran werden auf der Grundlage dieses Abkommens versuchen, sich ernsthaft an der Stärkung der Verteidigungsinfrastruktur Syriens zu beteiligen, die der wichtigste Garant für Sicherheit und die Erhaltung des Friedens ist", sagte der iranische Verteidigungsminister bei der Zeremonie zur Unterzeichnung des Abkommens.
Bei dem Treffen sagte der syrische Präsident dem iranischen Verteidigungsminister, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern angesichts des Rückzugs der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran, der Verhängung von Sanktionen gegen Russland und der "Unterstützung terroristischer Organisationen" wichtig sei.
Assad kommentierte, dass das US-amerikanische Handeln nur die "Richtigkeit der von der Anti-Terrorismus-Achse verfolgten Politik" beweise und "dass der Ausbau ihrer Stärken angesichts des subversiven und destabilisierenden amerikanischen Ansatzes in der Welt" immer wichtiger werde, berichtete die offizielle syrische Nachrichtenagentur SANA.
Im Gespräch mit RT Deutsch erkennt der politische Analyst des Forschungszentrums Sharq Forum Tamer Badawi, der seine Forschungsarbeit auf die Außenpolitik des Iran fokussiert hat, eine klare Etablierungsstrategie, die Teheran in Syrien verfolge:
Der Besuch von General Amir Hatami in Syrien gewinnt aufgrund des wachsenden russischen Interesses an der Reduzierung der militärischen Präsenz des Iran in Syrien angesichts wachsender Forderungen von Washington und Tel Aviv an Bedeutung. Der Iran andererseits ist bereit, die Dauer seiner militärischen Präsenz im Land durch eine erweiterte Rolle bei der militärischen Beschaffung Syriens zu verlängern. Das könnte dem iranischen Militär- und Sicherheitspersonal weiterhin Zugang zu den militärischen Einrichtungen Syriens gewähren.
"Außerdem zeigt Hatamis Betonung des iranischen Interesses am Wiederaufbau Syriens eine Komplementarität zwischen wirtschaftlichen Investitionen und militärischer Sicherheitsunterstützung. Das ist Teherans langfristige Vision für eine nachhaltige Präsenz im Land", führte Badawi weiter aus. Bezüglich der weiteren wirtschaftlichen Implikationen fügte der Politikanalyst hinzu:
Über den Bereich der militärischen Sicherheit hinaus werden Investitionen in die Nachkriegswirtschaft Syriens, zu der wahrscheinlich auch der Aufbau von Netzwerken für Wohlfahrtseinrichtungen gehören wird. Das wird den Iran in die Lage versetzen, horizontal in der Gesellschaft zu expandieren.
"Syrien ist dabei, die Krise zu überwinden und in die Wiederaufbauphase einzutreten", bemerkte Hatami und stellte fest, dass das Abkommen die Parameter für die Verteidigungszusammenarbeit zwischen den beiden Ländern festlegen werde.
Hatami betonte den Wunsch, dass der Iran eine "produktive Rolle" beim Wiederaufbau Syriens spiele, so der iranische Fernsehsender Press TV.
Ayyoub soll den Iran dafür gelobt haben, dass er den Kampf der syrischen Armee gegen Extremisten und Rebellen unterstützt habe, so Tasnim. Syriens oberster Verteidigungsbeamter erklärte weiter, dass "andere" Akteure die engen Beziehungen zwischen den beiden Nationen nicht beschädigen könnten.
Teheran hat Assad bei der Bekämpfung des siebenjährigen Konflikts politisch, finanziell und militärisch unterstützt. Israel wiederum äußerte wiederholt Befürchtungen, dass Teheran treue Truppen eine ständige Präsenz in Syrien aufbauen könnten, um Israel anzugreifen. Israel führte in den vergangenen Monaten zahlreiche Luftangriffe gegen vermeintliche iranische Stellungen in Syrien.
Der nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten Donald Trump, John Bolton, äußerte vergangene Woche in Jerusalem, der russische Präsident Wladimir Putin habe den Vereinigten Staaten mitgeteilt, dass sein Land den Rückzug der iranischen Streitkräfte aus Syrien wünsche, sie aber nicht erzwingen könne.
Russland und der Iran kooperieren seit Jahren eng in Syrien miteinander. Iranische Militärberater, vornehmlich aus den Reihen der Revolutionsgarden, pro-iranische Schiiten-Milizen und die libanesische Hisbollah untestützen die Kräfte des syrischen Präsidenten Baschar Assad.
Russland, Iran und Türkei diskutieren Idlib-Offensive Anfang September in Teheran
Der zweitägige Besuch kommt, während sich die syrische Armee auf eine lange erwartete Offensive in der nördlichen Provinz Idlib vorbereitet, der letzten großen Rebellenhochburg, in der auch Al-Qaida sehr präsent ist. Die Provinz ist Heimat von drei Millionen Menschen und grenzt an die Türkei, die befürchtet, dass eine Offensive eine humanitäre und sicherheitspolitische Katastrophe auslösen könnte. Die Türkei gilt als größte Unterstützerin der Rebellen in Idlib.
Der syrische Verteidigungsminister unterstrich die Entschlossenheit von Damaskus, die Regierungskontrolle über Idlib wiederherzustellen, sei es durch Versöhnungsabkommen oder durch militärische Operationen.
Am 7. September werden sich die Regierungen Russlands, der Türkei und des Iran in Teheran versammeln, um über die Zukunft von Idlib zu diskutieren sowie die Zukunft Syriens ausloten. Die Türkei wünscht sich eine möglichst geringe syrische Armee-Beteiligung, um Al-Qaida nahestehende Milizen wie Haiat Tahrir asch-Scham - die ehemalige al-Nusra-Front - zu zerschlagen. Es ist unklar, ob Russland und der Iran diesem Vorschlag zustimmen werden.
Idlib stand bereits bei den Gesprächen zwischen dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu und seinem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow am Freitag in Moskau ganz oben auf der Tagesordnung. Die Türkei hat versucht, jede Offensive zu verzögern, während Russland wachsende Ungeduld geäußert hat.
Im Libanon kommentierte der Führer der pro-iranischen Hisbollah Hassan Nasrallah, die Kämpfer seiner Organisation hätten im Laufe der Jahre nie ermutigt werden müssen, sich den Kämpfen in Syrien anzuschließen, da sie die Bedeutung für die Sicherheit des Libanon und der Region kannten.
"Wenn wir die Entscheidung treffen, an einer neuen großen Schlacht in Syrien teilzunehmen, werden unsere Jugendlichen nicht mehr als ein Signal brauchen, weil sie Hingabe und Klarheit haben", tat Nasrallah kund.