Das Präsidium des israelischen Parlaments, der Knesset, hat am Montag einen Gesetzesvorschlag der arabischen Partei Balad zurückgewiesen, der die gesetzliche Gleichstellung aller israelischen Bürger forderte. Die Gesetzesinitiative sah laut Al Jazeera vor, "den Grundsatz der gleichberechtigten Staatsbürgerschaft im Verfassungsrecht zu verankern und gleichzeitig die Existenz der beiden im Land lebenden Volksgruppen, Juden und Araber, anzuerkennen."
Dass der Gesetzesvorschlag dem Parlament gar nicht erst zur Debatte vorgelegt wurde, sei ein "ungewöhnlicher Schritt", heißt es in einer Pressemitteilung des Knesset. "Zum ersten Mal während der beiden letzten Legislaturperioden wurde ein Gesetzesentwurf abgewiesen, bevor er im Plenum des Parlaments diskutiert wurde", heißt es darin.
Knesset-Rechtsberater Eyal Yinon hatte dem Parlamentspräsidium zu diesem Schritt geraten, das den Vorschlag dann mit sieben zu zwei Stimmen (bei einer Enthaltung) ablehnte. Laut Yinon zielt der Gesetzesentwurf darauf ab, "Israels Existenz als Staat des jüdischen Volkes zu leugnen", weshalb die Zurückweisung auch rechtlich geboten gewesen sei. Der Rechtsanwalt führte dazu weiter aus:
Der Gesetzentwurf enthält eine Liste von Abschnitten, die den Charakter des Staates Israel vom Nationalstaat des jüdischen Volkes in einen Staat ändern sollen, in dem sowohl die jüdischen als auch die arabischen Nationen in Bezug auf die Nationalität gleichgestellt sind."
Knesset-Sprecher Juli-Joel Edelstein vom rechten Likud schloss sich dieser Sichtweise an:
Dies ist eine absurde Gesetzesvorlage, die jede intelligente Person sofort blockieren muss. Ein Gesetzentwurf, der an den Grundlagen des Staates nagen will, darf in der Knesset nicht zugelassen werden."
"Israel sieht Demokratie als Bedrohung seiner Existenz"
Der Mitverfasser des Gesetzesentwurfs, Haneen Zoabi, sagte gegenüber Al Jazeera zur Entscheidung des Knesset-Präsidiums:
Die Annullierung unseres Entwurfs zeigt, dass Demokratie und Gleichberechtigung nicht Hand in Hand gehen mit der Art und Weise, wie sich Israel als jüdischer Staat definiert."
Laut dem Balad-Politiker zielte die gescheiterte Initiative, die unter anderen eine Trennung von Staat und Religion forderte, auf eine Demokratisierung des Landes ab. "Es ist klar, dass Israel die Demokratie, oder nur die Forderung nach einer solchen, als Bedrohung für seine Existenz betrachtet", sagte Zoabi.
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In dem Entwurf wird Israel als "ein Staat für all seine Bürger" mit einer "demokratischen Regierung" definiert. "Wenn Israel ein demokratischer Staat bleiben will, muss er all seine Bürger gleichbehandeln", zitiert Al Jazeera Jamal Zahalka, der den Entwurf ebenfalls mit ausgearbeitet hatte.
Der gestand gegenüber dem katarischen Sender allerdings ein, dass dieser in der Knesset ohnehin keine Mehrheit bekommen hätte. Die arabisch-sozialistische Balad gehört der Vereinten Liste an, die im Parlament 13 der insgesamt 120 Sitze innehat. Dem Bündnis gehören zudem die arabisch-islamistische Ra’am, die arabisch-säkulare Ta’al sowie die linke arabisch-jüdische Partei Chadasch an. Alle anderen in der Knesset vertretenen Parteien sind mehrheitlich jüdisch geprägt und hätten den Gesetzesvorschlag voraussichtlich abgelehnt.
Rund 20 Prozent der israelischen Staatsbürger haben arabischen Wurzeln. De jure sind sie zwar jüdischen Bürgern gleichgestellt, de facto besitzen Letztere aber Privilegien, beispielsweise beim Grundstückserwerb. Arabische Israelis sind hingegen von der Wehrpflicht befreit.
Der Gesetzesentwurf sah zudem vor, das in Israel gesetzlich verankerte "Recht auf Rückkehr" aufzuheben, dass Juden weltweit das Recht gibt, nach Israel auszuwandern und die Staatsbürgerschaft des Landes anzunehmen.
Warum sollten Juden aus der ganzen Welt hierherkommen dürfen und privilegierte Staatsbürger werden, während den einheimischen arabischen Palästinenser der Status von Bürgern zweiter Klasse zugewiesen wird?", fragte Zahalka.
Laut ihm sei Israel ein "rassistisches und sich widersprechendes Land." Der Balad-Politiker plant, gegen die Knesset-Entscheidung eine Beschwerde bei der Interparlamentarischen Union einzulegen, deren Mitglied Israel ist.
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