Die USA verfügen derzeit über zwei große militärische Präsenzen in Syrien, die mit mehreren Militärbasen gespickt sind: eine an der Grenze zu Jordanien im Süden und die andere im Nordosten Syriens in einem Gebiet, das von der Kurden-Miliz YPG und deren Schirmorganisation "Demokratische Kräfte Syriens" (SDF) kontrolliert wird. Offenbar bestürzt über die enormen Kosten der Militäroperationen in Syrien kündigte US-Präsident Donald Trump zuletzt Pläne zum Abzug der US-amerikanischen Truppen aus Syrien an.
Nach Angaben der Zeitung Wall Street Journal (WSJ) will die Trump-Regierung die Last der militärischen Präsenz im Nordosten Syriens - die von der Zeitung als ein Versuch zur Stabilisierung des Gebiets angepriesen wird - perspektivisch auf arabische Länder verlagern.
Laut WSJ-Informationen telefonierte John Bolton, Trumps neuer Nationaler Sicherheitsberater, bereits mit Abbas Kamel, Ägyptens Geheimdienstchef, um herauszufinden, ob die Nation mit der größten stehenden arabischen Armee grundsätzlich bereit wäre, zur geplanten Wachablösung in Syrien beizutragen. Washington forderte auch bereits Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate dazu auf, Milliarden von US-Dollar in einen Aufbau von Nordsyrien einzubringen, einem Gebiet, das dem Einflussbereich der Regierung in Damaskus de facto entrissen wurde. Auch sollen die ölreichen Golfstaaten Truppen an die Seite der USA und ihrer westlichen Verbündeten senden.
Bollwerk gegen IS-Rückkehr und iranischen Vormarsch
Der ehemalige Unterstaatssekretär des ägyptischen Geheimdienstes, Mohammad Rashad, kommentierte am Dienstag, dass Ägypten eine solche Einladung deutlich ablehnen werde.
Die ägyptischen Streitkräfte sind keine Söldner und können nicht von ausländischen Staaten gepachtet oder angewiesen werden, Streitkräfte in einem bestimmten Gebiet einzusetzen. Das ist nicht akzeptabel und niemand sollte es wagen, die ägyptische Armee führen zu wollen oder Anweisungen zu geben", kritisierte Rashad das Ansinnen der USA im Gespräch mit dem Nachrichtenportal Egypt Independent.
US-Spitzenbeamte hingegen verteidigen die Idee aus dem Weißen Haus und halten sie für einen sinnvollen Schachzug - insbesondere vor dem Hintergrund iranischen Machtzuwachses im kriegsgeschüttelten Syrien:
Die Mission der regionalen Truppe wäre es, mit den lokalen kurdischen und arabischen Kämpfern zusammenzuarbeiten, die die USA unterstützt haben. Sie sollen sicherstellen, dass der Islamische Staat nicht zurückkommen kann und vom Iran unterstützte Truppen davon abhalten, in das vom Islamischen Staat verlorene Gebiet einzurücken.
Washington sucht nach "Ausweg für Helden"
Der Plan ist offenbar als ein einfacher Ausweg für die USA angedacht, deren Militärpräsenz in Syrien international höchst umstritten ist und auch im eigenen Land wenig Enthusiasmus hervorruft. Außerdem könnte die Initiative als taktisches Manöver angesichts entgegengesetzter Zielen zwischen den USA und der Regionalmacht Türkei verstanden werden. Ankara, ein NATO-Partner der USA, betrachtet die YPG-Miliz als syrischen Ableger der PKK, somit aber auch als terroristisch und als legitimes Ziel für militärische Angriffe.
US-Truppen durch andere ausländische Truppen zu ersetzen, würde jedoch zusätzliche Herausforderungen mit sich bringen. Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate sind weiterhin mit ihrem festgefahrenen militärischen Engagement im Jemen gegen die Huthi-Rebellen beschäftigt. Eine gemeinsame Truppenverlegung mit Katar scheint außerdem unrealistisch, da Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate auf der Arabischen Halbinsel selbst Doha seit 2017 politisch und wirtschaftlich isolieren. Riad begründet sein Vorgehen damit, dass Katar den Terrorismus unterstützen würde und dem Iran nahesteht.
Unterdessen ist die ägyptische Armee hauptsächlich damit beschäftigt, gegen Dschihadistengruppen auf der Sinai-Halbinsel im Osten vorzugehen und die lange Wüstengrenze zu Libyen im Westen zu sichern. Beide Regionen wurden nach den Ereignissen des sogenannten Arabischen Frühlings, im Zuge derer Libyen im Zuge der NATO-Intervention 2011 zu einem Flickenteppich kriegsführender militanter Gruppen wurde, zu Sicherheitsbedrohungen. Ägypten selbst erlebte mehrere Jahre lang politische Unruhen und einen Militärputsch. Seitdem geht das Militär unter Führung von Präsident Abd al-Fattah as-Sisi mit harter Hand gegen die politische Opposition der Muslimbruderschaft vor. Deren Führer Muhammed Mursi, 2012 zum Präsidenten gewählt, wurde 2013 vom ehemaligen General as-Sisi gestürzt.
Das Wall Street Journal weist auch darauf hin, dass die Kostenreduktion, die durch eine solche Delegation der Aufgaben erwartet wird, nicht so groß sein kann wie die Trump-Regierung hofft. Die arabischen Expeditionsstreitkräfte würden immer noch Luftunterstützung, logistische Versorgung und möglicherweise zumindest eine minimale Präsenz von US-Truppen in ihren Reihen benötigen.