Israelische Medien berichten über eine Auslandsreise von Premier Benjamin Netanjahu in die USA, wo er sich erneut mit US-Präsident Donald Trump zu innen- wie außenpolitischen Gesprächsthemen treffen wird. Das Gespräch – das fünfte seit Trumps Amtsantritt im Januar dieses Jahres – ist für den heutigen Montagnachmittag in Trumps Anwesen Mar-a-Lago angesetzt.
Ein Artikel der Times of Israel verweist zur aktuellen Reise des israelischen Premiers darauf, dass Netanjahu "in einer seltenen Entscheidung keine Reporter auf seinem Flug mitnahm, und er gab vor seiner Abreise nicht die übliche Erklärung ab." Die vordergründigen Gesprächsthemen seien laut Mitteilung weitere Absprachen über "die Zukunft des Gazastreifens und die anhaltenden Bedrohungen [Israels] durch die Hisbollah und Iran" sowie die Situation hinsichtlich des militärischen Agierens der Israelis im Libanon und im Westjordanland.
Die Jerusalem Post erklärt zu möglichen Unstimmigkeiten bei den Konsultationen:
"Der wichtigste Streitpunkt dürfte Gaza sein, wo Israel darauf besteht, dass der Wiederaufbau des Gazastreifens erst beginnen kann, wenn die Hamas vollständig entwaffnet ist. Im Gegensatz dazu hat die US-Regierung bereits angekündigt, dass Trumps Plan im Januar in die zweite Phase übergehen wird, die wichtige Vereinbarungen umfasst."
Laut US-Medien würden aktuell die Spannungen zwischen den wichtigsten Beratern von Präsident Donald Trump und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu zunehmen, "da das US-Team zunehmend frustriert ist über Netanjahus Versuche, den Friedensprozess zu untergraben", so eine Einschätzung des Portals Axios am Freitag der Vorwoche.
Dem Bericht zufolge ist der engste Kreis um den US-Präsidenten, darunter Vizepräsident JD Vance, Außenminister Marco Rubio, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Friedensbeauftragter Steve Witkoff und Stabschefin des Weißen Hauses Susie Wiles, "zutiefst verärgert, da sie glauben, dass Netanjahu das Abkommen 'verzögert' und aktiv Schritte unternimmt, um den Waffenstillstand in Gaza zu untergraben." Dazu heißt es weiter wörtlich im Artikel zum Blickwinkel der israelischen Seite (Bezahlschranke):
"'Es ist ein entscheidendes Treffen. Es ist unklar, ob Trump dieselbe Meinung vertritt wie Witkoff und Kushner', erklärte ein hochrangiger israelischer Beamter. 'Bibi versucht, einen einzigen Zuhörer zu überzeugen. Die Frage ist, ob Trump sich in Bezug auf Gaza auf seine Seite oder auf die seiner Spitzenberater stellen wird. Wer weiß schon, wie Trump sich entscheiden wird?'"
Ein ungenannter israelischer Beamter erklärte gegenüber Axios, dass US-Außenminister Rubio Netanjahus Position näher stehe als die Trump-Berater Witkoff und Kushner. Ein ebenfalls ungenannter Beamter des Weißen Hauses deutete zudem an, dass Netanjahu "im Wesentlichen die Unterstützung von Trumps Kernteam 'verloren' habe."
Die Netanjahu-Administration und die Hamas-Leitungsebene haben dabei die zweite Phase des anvisierten Abkommens noch nicht offiziell unterzeichnet, "da beide Seiten einander vorwerfen, gegen die Bedingungen der ersten Phase verstoßen zu haben", so die Times of Israel darlegend.
Trump persönlich hatte jüngst angekündigt, dass der sogenannte "Friedensrat" (Board of Peace), der die Umsetzung des US-Plans überwachen soll, final im Januar 2026 eingerichtet werden soll. Der Einsatz einer "Internationalen Stabilisierungstruppe (ISF)" sowie die Bildung "einer technokratischen Regierung aus palästinensischen Persönlichkeiten zur Verwaltung des Gazastreifens sollen ebenfalls in den kommenden Wochen abgeschlossen werden", so US-Medien.
Die erste Phase des ausgehandelten Abkommens, das am 10. Oktober in Kraft trat, umfasste die Freilassung israelischer Geiseln im Austausch gegen palästinensische Gefangene. Jerusalem kritisiere vor diesem Hintergrund aktuell noch die fehlende Rückführung einer letzten noch in Gaza verbliebenen getöteten Geisel.
Die zweite Phase umfasse "die Bildung eines vorübergehenden technokratischen Komitees zur Verwaltung des Gazastreifens, die Einleitung von Wiederaufbaumaßnahmen, die Einrichtung eines Friedensrats, die Schaffung einer internationalen Truppe, den weiteren Abzug israelischer Truppen aus dem Gebiet und die Entwaffnung der Hamas", so der offizielle Wortlaut.
Die Vereinten Nationen schätzen die Kosten laut aktuellen Auswertungen für den Wiederaufbau des Gazastreifens infolge des israelischen Krieges, bei dem seit Oktober 2023 fast 71.000 Palästinenser getötet und über 171.000 verletzt wurden, auf etwa 70 Milliarden US-Dollar.
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