In einer Erklärung der bewaffneten Gruppen, die Baschar al-Assad gestürzt haben, wurde der De-facto-Führer Syriens, Achmed al-Scharaa (auch bekannt unter seinem Kampfnamen: Abu Muhammad al-Dschaulani) am Mittwoch zum Übergangspräsidenten erklärt und mit der Bildung eines neuen Legislativrates beauftragt.
Außerdem wurde die syrische Verfassung außer Kraft gesetzt und das bestehende Parlament aufgelöst, wie der Sprecher des militärischen Operationskommandos, das die Blitzoffensive zum Sturz Assads am 8. Dezember geleitet hatte, mitteilte.
Die von den staatlichen Medien veröffentlichten Ankündigungen wurden während eines Treffens bewaffneter Gruppierungen in Damaskus bekannt, die an der Seite der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Sham (HTS) von Al-Dschaulani in der Offensive gekämpft hatten.
Auch mit der alten Regierung verbundene Sicherheitsorgane werden nun offiziell aufgelöst. Die Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Assad, die ihre Arbeit in Syrien bereits eingestellt hat, sowie ihr angeschlossene Institutionen dürfen demnach nicht mehr tätig sein.
An dem Treffen nahmen auch Minister der im Dezember von der HTS eingesetzten Übergangsregierung teil.
Der Islamist Al-Scharaa erklärte bereits in einem Interview, dass die Ausarbeitung einer ersten Verfassung rund drei Jahre dauern könnte und bis zu Wahlen ein weiteres Jahr vergehen würde.
Vor mehr als acht Wochen hatte eine Rebellenallianz unter Führung der sunnitisch-islamistischen Organisation Hayat Tahrir al-Scham (HTS) Assad in einer Blitzoffensive gestürzt. Die Islamisten in Syrien genießen derzeit die Unterstützung der westlichen Staaten und die EU ist bereits dabei, die Sanktionen gegen Syrien zu lockern.
Nach dem jüngsten bewaffneten Staatsstreich errichtete die HTS in Syrien eine Übergangsbehörde, deren Elemente eine gewalttätige Kampagne gegen die alawitische Gemeinschaft und andere Minderheitengruppen führen. Außergerichtliche Tötungen und Entführungen sind in mehreren Regionen zur Norm geworden.
Wer ist Al-Dschaulani?
Die USA stuften Al-Dschaulani im Jahr 2013 als Terrorist ein. Al-Qaida im Irak habe ihn beauftragt, Baschar al-Assads Herrschaft zu stürzen und die islamische Scharia in Syrien einzuführen, hieß es damals vonseiten Washingtons. Die Al-Nusra-Front, die Vorgängerorganisation der HTS, soll im Zuge des Syrien-Konflikts Selbstmordattentate verübt haben, bei denen Zivilisten getötet wurden, und eine gewalttätige sektiererische Vision vertreten haben. Bis heute gibt es Berichte, denen zufolge die HTS-Führung Kontakte zu Al-Qaida unterhält. Im Syrien-Konflikt hatten sich die westlichen Staaten und die Türkei auf die Seite der Islamisten gestellt, die gegen Assad rebellierten.
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