WSJ: Türkei konzentriert Kräfte an der Grenze zu Syrien

Die Türkei und ihre Verbündeten ziehen Kräfte an der syrischen Grenze zusammen, teilt das "Wall Street Journal" mit. Washington fürchtet, dass Ankara einen Überfall auf die Kurden vorbereitet. Kurdische Beamte sollen Donald Trump gebeten haben, zu vermitteln.

Laut einem Bericht der Zeitung Wall Street Journal stocken die Türkei und ihre Verbündeten das Militärkontingent entlang der Grenze zu Syrien auf. Mehrere hochrangige US-Beamte sollen sich gegenüber der Publikation besorgt gezeigt haben, dass Ankara sich damit auf einen großangelegten Überfall auf das von den syrischen Kurden kontrollierte Gebiet vorbereitet. Eine der Quellen meinte, dass eine grenzüberschreitende Operation der Türkei unmittelbar bevorstehen könnte. Washington verfolge die Situation und bestehe auf Zurückhaltung.

Das Kontingent umfasst demnach Milizkämpfer, türkische Kommandotruppen und eine große Anzahl von Artillerieeinheiten. Die Kräfte würden nahe der nordsyrischen Stadt Kobanê konzentriert, die überwiegend von Kurden bewohnt sei.

Zunächst war kurz nach dem Sturz der Regierung von Baschar al-Assad eine Ansammlung von militärischen Kräften in dem Gebiet zu erkennen. Die aktuelle Lage ähnele dem WSJ zufolge den türkischen Truppenbewegungen im Jahr 2019, die in eine Invasion in das nordöstliche Syrien mündeten.

Îlham Ahmed, eine Beamtin der Zivilverwaltung der syrischen Kurden, äußerte am Montag in einem Schreiben an den designierten US-Präsidenten Donald Trump ihre Besorgnis über die türkischen Aktivitäten an der Grenze. Dem WSJ sei es dem Bericht zufolge gelungen, sich mit dem Inhalt des Schreibens bekannt zu machen. Demnach erklärte Ahmed, dass die Türkei darauf abziele, de facto die Kontrolle über die kurdischen Gebiete zu erlangen, noch bevor Trump ins Amt eingeführt werde. Somit werde Trump mit der Türkei als Beherrscherin des Territoriums umgehen müssen. Die Folge eines türkischen Überfalls beschrieb Ahmed als katastrophal:

"Von dieser Seite der Grenze aus sehen wir bereits, wie türkische Kräfte sich ansammeln. Unsere Zivilisten leben unter ständiger Angst vor drohendem Tod und Verwüstung."

Obwohl Trump erst am 20. Januar als US-Präsident vereidigt werde, fordere Ahmed das designierte Staatsoberhaupt auf, den ihm eigenen diplomatischen Ansatz zu verfolgen und jedwede geplante Operation der Türkei zu verhindern. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf ein vorheriges Treffen mit Trump, wo er versprochen habe, die USA würden die Kurden nicht im Stich lassen:

"Wir glauben, Sie verfügen über die Macht, diese Katastrophe zu verhindern. Präsident Erdoğan hat Ihnen bereits zuvor zugehört, und wir sind überzeugt, er wird ihren Aufruf erneut beachten. Ihre entschlossene Führungsrolle kann diese Invasion stoppen und die Würde und Sicherheit derjenigen bewahren, die als Verbündete im Kampf für Frieden und Sicherheit fest an Ihrer Seite stehen."

In der vergangenen Woche war US-Außenminister Antony Blinken in die Türkei gereist, um die Zukunft Syriens zu besprechen und Ankara zu überreden, seine Operationen gegen die kurdischen Kämpfer einzuschränken. Am Montag scheiterten aber die Verhandlungen über einen Waffenstillstand zwischen den syrischen Kurden und den von der Türkei unterstützten Rebellen in Kobanê. Die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) verzeichneten nun eine "erhebliche Konzentration militärischer Kräfte östlich und westlich der Stadt".

Während seiner ersten Amtszeit zog Trump die US-Truppen teilweise aus dem nordöstlichen Syrien zurück, was den Weg für die türkische Offensive freimachte. Ferner setzte die Trump-Regierung mit einem Waffenstillstand durch, dass die Kurden Teile ihres grenznahen Territoriums unter Ankaras Kontrolle stellen mussten.

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