Nach Trump-Sieg: Biden plant letzten Vorstoß für Frieden im Nahen Osten

Biden-Vertreter, die monatelang im Nahen Osten unterwegs waren, um Friedensverhandlungen zu führen, werden nun wahrscheinlich auf Kontrahenten treffen, die vor großen Schritten zurückschrecken und stattdessen den Amtsantritt Trumps im Januar abwarten wollen.

Die Biden-Regierung will einen letzten Versuch unternehmen, um die Kriege im Gazastreifen und im Libanon zu beenden. Nach der Wahl von Donald Trump könnte die derzeitige US-Regierung aber nicht mehr genug Einfluss haben, um Israel und andere regionale Akteure zu beeinflussen, bevor Trump Präsident wird.

Hochrangige US-Beamte, die monatelang im Nahen Osten unterwegs waren, um Friedensverhandlungen zu führen, werden nun wahrscheinlich auf Kontrahenten treffen, die vor großen Schritten zurückschrecken und stattdessen den Amtsantritt Trumps im Januar abwarten wollen. Dies berichteten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Quellen und unabhängige Analysten gegenüber Reuters.

Trump hatte im Wahlkampf versprochen, dem Nahen Osten Frieden zu bringen, aber nicht näher erläutert, wie dies gelingen soll. Mit Blick auf seine erste Amtszeit könnte er einen stark israelfreundlichen Ansatz verfolgen, der sogar über die entschiedene Unterstützung von Präsident Joe Biden für Washingtons wichtigsten regionalen Verbündeten hinausgeht.

Seit Trumps Sieg bei den Wahlen am Dienstag gegen Vizepräsidentin Kamala Harris haben arabische und israelische Beamte bereits begonnen, ihren Kurs anzupassen. Ägyptische Vermittler, die mit den USA und Katar an Vorschlägen für einen Waffenstillstand im Gazastreifen gearbeitet haben, warten derzeit ab, wie Trumps Pläne für die palästinensische Enklave aussehen werden, so ägyptische Sicherheitsquellen. Während die Welt die US-Wahl am Dienstag verfolgte, entließ Netanjahu – der kaum einen Zweifel an seiner Vorliebe für Trump ließ und dessen Sieg als "historisch" begrüßte – seinen Verteidigungsminister Joaw Galant und beraubte damit die Regierung Biden eines ihrer bevorzugten israelischen Partner.

Die militante Palästinenserorganisation Hamas, die seit mehr als einem Jahr im Gazastreifen gegen Israel kämpft, und die bewaffnete libanesische Gruppe Hisbollah, die sich in einem parallelen Konflikt mit den israelischen Streitkräften befindet, schienen beide an Biden vorbei auf die neue Trump-Regierung zu blicken. Die Hamas forderte Trump auf, "aus Bidens Fehlern zu lernen". Die Hisbollah wiederum erklärte, sie mache sich keine großen Hoffnungen auf eine Abkehr der US-Politik von der Unterstützung Israels.

Die Vergeltungsschläge zwischen Israel und Iran haben Ängste vor einem breiteren regionalen Krieg befeuert. Einige Analysten glauben, dass Trump Netanjahu mehr Spielraum für sein Vorgehen gegen Iran und seine Stellvertreter geben könnte. "Netanjahu weiß, dass Trump ihm einen Freibrief für die Umsetzung seiner Pläne geben wird. Er wartet also einfach ab", sagte Brett Bruen, ein ehemaliger außenpolitischer Berater in der Obama-Regierung.
Trump scheint allerdings abgeneigt zu sein, einen Krieg gegen Iran zu führen. Seine Vize J.D. Vance sagte in einem Podcast-Interview, dass sich die Interessen der USA und Israels nicht immer überschneiden, und verknüpfte diese Haltung mit seiner Ablehnung eines Krieges mit Iran. "Wir haben ein großes Interesse daran, nicht mit Iran in den Krieg zu ziehen. Das würde eine enorme Ressourcenverschwendung bedeuten", unterstrich er. Anstatt Krieg gegen Iran zu führen, werde Trump sich auf eine Blockbildung unter sunnitisch-arabischen Staaten im Rahmen des Abraham-Abkommens als Gegengewicht zum Machtausbau Irans fokussieren.

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