Genau elf Monate nach dem Angriff der Palästinenserorganisation Hamas auf Israel sind dort abermals tausende Menschen für ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gazastreifen und die Freilassung aller Geiseln auf die Straße gegangen. Die neuen Proteste fanden eine Woche nach einer der größten Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg statt, die darauf folgte, dass sechs weitere Geiseln tot im Gazastreifen geborgen worden waren.
Israel steht unter zunehmendem Druck der USA, einer Waffenstillstandsvereinbarung zuzustimmen, doch Netanjahu besteht auf der Fortsetzung der israelischen Kontrolle des Philadelphi-Korridors, eines schmalen Streifens entlang der Grenze des Gazastreifens zu Ägypten, durch den die Hamas nach israelischer Auffassung Waffen schmuggelt. Ägypten und die Hamas wiesen diese Behauptung zurück.
Israel setzte am Wochenende seine Militäroffensive fort. Im städtischen Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum des Gazastreifens wurden nach Angaben des Al-Awda-Krankenhauses die Leichen von neun Menschen eingeliefert, die bei zwei Luftangriffen getötet worden waren. Im Norden des Gazastreifens in der Stadt Dschabalia wurden bei einem Luftangriff auf eine Schule, die zu einer Notunterkunft für Vertriebene umfunktioniert worden war, mindestens vier Menschen getötet. Auch im besetzten Westjordanland hat die Gewalt zugenommen. Bei einer tagelangen Militäroperation in Dschenin gab es Dutzende Tote.
Einen Tag, nachdem eine Demonstrantin mit doppelter Staatsbürgerschaft der USA und der Türkei im Westjordanland erschossen worden ist, forderte ihre Familie Präsident Joe Biden auf, eine unabhängige Untersuchung anzuordnen: "Angesichts der Umstände ihrer Ermordung ist eine israelische Untersuchung nicht angemessen."
Die Türkei bezeichnete den Tod der Frau mit doppelter Staatsbürgerschaft als "einen Mord, der von der Regierung Netanjahu verübt wurde". Israel versuche, alle einzuschüchtern, die dem palästinensischen Volk zu Hilfe kommen, hieß es in einer Erklärung des türkischen Außenministeriums. Diese Politik der Gewalt werde nicht funktionieren. US-Außenamtssprecher Matthew Miller sagte, dass sein Land mit Hochdruck weitere Informationen über die Umstände des Todesfalls sammle. Die Frau starb bei Protesten gegen den israelischen Siedlungsausbau im besetzten Westjordanland. Sie sei ihren Verletzungen erlegen, nachdem ihr israelische Soldaten bei einem Protestmarsch in der Stadt Beita in den Kopf geschossen hätten.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat am Samstag eine islamische Allianz gegen Israel ins Spiel gebracht. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, hatte Erdoğan bei einer Veranstaltung der Vereinigung islamischer Schulen in der Nähe von Istanbul erklärt:
"Der einzige Schritt, der die israelische Arroganz, das israelische Banditentum und den israelischen Staatsterrorismus stoppen kann, ist die Allianz der islamischen Länder."
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