Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat bei der Fraktionssitzung seiner Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) am Mittwoch das Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen scharf verurteilt. In seiner Rede ging der Politiker auf den israelischen Angriff auf ein Flüchtlingslager bei Rafah mit mehreren Toten und die jüngste Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) gegen den israelischen Militäreinsatz in Rafah ein. In Bezug auf die Tragödie vom 26. Mai sagte Erdoğan:
"Kein Glaube rechtfertigt die tödliche Verbrennung von unschuldigen Zivilisten in ihren Zelten. Die Welt beobachtet in Echtzeit die Barbarei des Vampirs namens Netanjahu."
Mindestens 35 Palästinenser kamen am 26. Mai ums Leben und mehrere Dutzend erlitten Verletzungen, nachdem das israelische Militär ein Flüchtlingslager im Süden des Gazastreifens mit Raketen angegriffen hatte. Durch die Attacke kam es zu einem starken Brand. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu behauptete danach, dass die Opfer unter der Zivilbevölkerung nicht beabsichtigt worden seien. Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) führten den folgenschweren Brand auf eine "sekundäre Explosion" eines Munitionslagers der Hamas zurück. Die von Israel abgefeuerte Munition allein hätte ein solch starkes Feuer nicht verursachen können.
Mit Blick auf die IGH-Entscheidung, die Israel zu einer sofortigen Beendigung des Militäreinsatzes in Rafah verpflichtet, warnte Erdoğan vor einer Erosion der Justiz. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht zulassen, dass Israel den Schimmer des Glaubens an die Anwendung der Gerechtigkeit untergrabe. Der Politiker rief zu einer "Allianz der Menschlichkeit" auf, um der Gewalt im Gazastreifen ein Ende zu setzen, bevor Netanjahu und sein mörderisches Netzwerk völlig außer Kontrolle gerieten.
"Kein Staat ist sicher, bis Israel unter der Kontrolle des Völkerrechts ist und sich dazu gezwungen sieht."
Am 24. Mai hatte der IGH die israelische Führung aufgefordert, ihre militärische Offensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen unverzüglich zu beenden. Damit gab der Gerichtshof einem Eilantrag Südafrikas teilweise statt. IGH-Präsident Nawaf Salam begründete die Entscheidung damit, dass sich die humanitäre Lage im Gazastreifen weiter verschlechtert. In Rafah sei sie inzwischen "katastrophal". Die israelische Militäroffensive könnte zu Lebensbedingungen beitragen, die "zur vollständigen oder teilweisen Zerstörung" der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen führen würden. Israel habe nicht ausreichend nachweisen können, dass die Sicherheit der Bevölkerung während der Evakuierung Rafahs gewährleistet worden sei.
Israel hatte seine großangelegte Militäroperation im Gazastreifen begonnen, nachdem Hamas-Kämpfer am 7. Oktober mehrere Ortschaften angegriffen und dabei 1.200 Israelis getötet sowie 240 Geiseln genommen hatten. Nach palästinensischen Angaben wurden infolge der israelischen Angriffe seitdem mehr als 35.000 Zivilisten im Gazastreifen getötet – die meisten von ihnen Frauen und Kinder.
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