UN-Generalsekretär António Guterres hat Israel daran erinnert, dass die Urteile des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in Den Haag rechtsbindend sind. Über seinen Sprecher Stéphane Dujarric ließ der Portugiese am Freitagabend verkünden, dass die Vereinten Nationen die jüngsten IGH-Entscheidungen im Zusammenhang mit dem akuten Nahostkonflikt zur Kenntnis genommen hätten. Guterres vertraue darauf, dass die Parteien der Anordnung nachkommen würden.
Am Freitag hatte der IGH die israelische Führung aufgefordert, ihre militärische Offensive in der Stadt Rafah im Gazastreifen unverzüglich zu beenden. Damit gab der Gerichtshof einem Eilantrag Südafrikas teilweise statt. IGH-Präsident Nawaf Salam begründete die Entscheidung damit, dass sich die humanitäre Lage im Gazastreifen weiter verschlechtert. In Rafah sei sie inzwischen "katastrophal". Die israelische Militäroffensive könnte zu Lebensbedingungen beitragen, die "zur vollständigen oder teilweisen Zerstörung" der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen führen würden. Israel habe nicht ausreichend nachweisen können, dass die Sicherheit der Bevölkerung während der Evakuierung Rafahs gewährleistet worden sei.
Dennoch forderte das Gericht keine Waffenruhe für den gesamten Gazastreifen ein. Diese Entscheidung wurde mit Israels Recht auf Selbstverteidigung begründet. Der IGH verlangt, bis zum 24. Juni einen schriftlichen Bericht von Israel zu erhalten.
Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies die Völkermord-Vorwürfe Südafrikas erneut zurück. Diese Anschuldigungen seien "falsch, empörend und moralisch verwerflich". In der entsprechenden Mitteilung hieß es:
"Israel handelt aufgrund seines Rechts, sein Territorium und seine Bürger zu verteidigen, im Einklang mit seinen moralischen Werten und in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht."
Benny Gantz, Minister ohne Geschäftsbereich im israelischen Kriegskabinett, kündigte ebenfalls an, Israel werde seinen "gerechten und notwendigen" Krieg gegen die Terroristen der Hamas und für die Rückkehr der Geiseln fortsetzen.
Südafrika bezeichnete das Urteil dagegen als "bahnbrechend". Es sei das erste Mal, dass Israel ausdrücklich aufgefordert werde, seine Militäraktionen in irgendeinem Gebiet des Gazastreifens einzustellen. Dies sei de facto ein Aufruf zu einem Waffenstillstand.
Israel hatte seine groß angelegte Militäroperation im Gazastreifen begonnen, nachdem Hamas-Kämpfer am 7. Oktober mehrere Ortschaften angegriffen und dabei 1.200 Israelis getötet sowie 240 Geiseln genommen hatten. Nach palästinensischen Angaben wurden infolge der israelischen Angriffe seitdem mehr als 35.000 Zivilisten im Gazastreifen getötet – die meisten von ihnen Frauen und Kinder.
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