Ägypten hat mit der Aussetzung seines bald 50 Jahre alten Friedensvertrags mit Israel gedroht, sollte das israelische Militär in die geteilte Grenzstadt Rafah im Süden des Gazastreifens einmarschieren. Das Camp-David-Abkommen zwischen Israel und Ägypten wurde 1978 nach Verhandlungen unter Vermittlung durch den US-Präsidenten Jimmy Carter unterzeichnet.
Ägypten lehnt jede Eskalation ab, die dazu führen könnte, dass verzweifelte Palästinenser über die Grenze auf ägyptisches Territorium fliehen müssten. Rafah dient zudem als Hauptgrenzübergang für humanitäre Hilfe in den belagerten Gazastreifen, und ein israelischer Angriff könnte die Lieferung wichtiger Hilfsgüter für die Palästinenser zum Erliegen bringen.
Netanjahu hat das israelische Militär angewiesen, einen Plan zur sogenannten Evakuierung aller palästinensischen Zivilisten vor Beginn einer militärischen Offensive vorzubereiten. Aber es bleibt unklar, wohin die Bewohner gehen sollen. Netanyahu behauptete am Sonntag, dass sie in weiter nördlich gelegene Gebiete zurückkehren könnten. Doch diese Gebiete wurden durch die bisherige israelische Offensive schwer beschädigt.
Vor diesem Hintergrund drohte auch die Hamas bereits mit Konsequenzen: Der Hamas-Sender al-Aqsa TV zitierte einen ungenannten Hamas-Vertreter mit den Worten, eine Invasion in Rafah würde die von den USA, Ägypten und Katar vermittelten Gespräche über einen Waffenstillstand und die Freilassung der israelischen Geiseln zunichtemachen. Angesichts der israelischen Pläne für eine Offensive auf die Stadt Rafah am Südende des Gazastreifens warnte zudem auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor einer humanitären Katastrophe.
Neben dem Krieg im Gazastreifen liefert sich Israel fast täglich Scharmützel mit dem militärischen Flügel der Hisbollah im Libanon, während zugleich außerdem israelische Sicherheitskräfte massiv auch im besetzten Westjordanland im Einsatz sind.
Sollte Ägypten das mühsam ausgehandelte Abkommen zum Gazakonflikt aufkündigen, könnte dies bedeuten, dass Israel sich nicht mehr auf die Sicherheit seiner Südgrenze verlassen kann. Eine Aufstockung der Streitkräfte entlang der Grenze zu Ägypten wäre zweifellos eine Herausforderung für das ohnehin schon durch Hamas-Angriffe angeschlagene israelische Militär. Aber auch für Ägypten hätte dies ernsthafte Auswirkungen. Ägypten hat seit dem Friedensabkommen Milliarden von US-Dollar als Militärhilfe aus den USA erhalten.
Es zirkulieren derzeit auch Gerüchte, dass Ägypten seinerseits keineswegs vorhat, den Vertrag mit Israel auszusetzen. Der katarische Privatsender Alaraby TV berichtete unter Berufung auf den israelischen Armeerundfunk, ägyptische Beamte hätten Israel mitgeteilt, dass sie gegen eine Bodenoperation in Rafah nichts einzuwenden hätten, solange keine Palästinenser zu Schaden kämen oder auf die Sinai-Halbinsel vertrieben würden.
Mehr zum Thema - Belagerte Bewohner des Gazastreifens bereiten sich auf israelische Angriffe auf Rafah vor