Die Große Koalition aus CDU und SPD hatte im Jahr 2018 einen offiziellen Ausfuhrstopp für den Export von Waffen jeglicher Art nach Saudi-Arabien verhängt. Begründet wurde die damalige Entscheidung mit den Verstrickungen der Golf-Monarchie in den Jemen-Krieg. Am 12. Juli 2023 beschloss die Bundesregierung einer Aufweichung der strengen Exportregeln für Waffenexporte nach Saudi-Arabien. Bundeskanzler Olaf Scholz konnte mit den Partnern der Ampelregierung eine Einigung darüber erzielen, "in spezifischen, individuellen Fällen" einer Ausfuhr in das Wüstenkönigreich zuzustimmen, so der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, am Rande des NATO-Gipfels in litauischen Vilnius.
Derselbe Hebestreit bestätigte laut dem Focus-Magazin nun am Mittwoch in Berlin einen Bericht des Spiegels, wonach das Kanzleramt dem Export von 150 Luft-Luft-Lenkflugkörpern des Typs IRIS-T Brief und Siegel gegeben habe. Laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin genehmigte bereits Ende vergangenen Jahres der Bundessicherheitsrat den kontroversen Export. Noch im Bundeswahljahr 2021 präsentierte die Partei Bündnis 90/Die Grünen die jetzt nachweisliche Wahlkampflüge, in Regierungsverantwortung jegliche "Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete abzulehnen".
Der Spiegel-Artikel berichtet, dass der "Raketendeal aus einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags hervorgeht." Verantwortlich hier: der grüne Minister Robert Habeck. Dem Bundessicherheitsrat gehören wiederum Kanzler Olaf Scholz (SPD) sowie weitere Minister an, wie etwa die grüne Außenministerin Annalena Baerbock und der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius (SPD).
Ausgenommen vom Exportstopp des Jahres 2018 waren nach Spiegel-Informationen "Rüstungskomponenten aus Gemeinschaftsprojekten mit Bündnispartnern". Zu denen würde unter anderem "der vom britischen Unternehmen BAE Systems nach Saudi-Arabien exportierte Kampfjet Eurofighter" zählen. Weiter heißt es in dem Artikel:
"Saudi-Arabien betreibt 72 davon. Sie können mit den jetzt genehmigten Iris-T-Raketen bewaffnet werden."
Ausgeliefert werden die Raketen vom Hersteller Diehl Defence, mit Sitz in Überlingen am Bodensee, Baden-Württemberg. Des Weiteren existiert ein Hauptstadtbüro. Das Unternehmen hatte im Jahr 2022 laut Eigenauskunft einen Umsatz von 810 Millionen Euro und 3.190 Mitarbeiter.
Eine entsprechende Ankündigung der Umsetzung eines anderen Deals mit Saudi-Arabien erfolgte durch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag letzter Woche bei ihrem Besuch in Israel. Das Handelsblatt bestätigte die Wahrnehmung vieler Kritiker:
"Die Bundesregierung vollzieht damit eine Kehrtwende und weicht auch vom Koalitionsvertrag ab. Darin hatten SPD, Grüne und FDP festgeschrieben, dass Deutschland keine Waffen an Länder liefert, die am Jemenkrieg beteiligt sind."
Baerbock argumentierte pro Waffenlieferungen, dass Saudi-Arabien nun "maßgeblich zur Sicherheit Israels beitrage" und zudem "die Gefahr eines regionalen Flächenbrands eindämmen würde." Saudi-Arabien unterstützte laut Baerbocks aktueller Wahrnehmung die jemenitische Regierung "im Kampf gegen die Huthi-Rebellen".
Grünen-Chefin Ricarda Lang hält laut dem ZDF die Entscheidung Baerbocks für "nach wie vor falsch", dies bezogen "auf die Menschenrechtssituation und die innere Verfasstheit Saudi-Arabiens", so Lang. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Sara Nanni, erinnerte zu Wochenbeginn im Spiegel-Magazin daran, dass "sich die Ampel-Regierung noch im Sommer dazu bekannt habe, keine Eurofighter an das Land zu liefern." Nur wenige Tage später erfolgte nun auch das "Go!" für die kompatiblen Luft-Luft-Lenkflugkörpern des Typs IRIS-T.
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