Die israelische Regierung gab am Mittwoch nach einem Hinterhalt in den Ruinen von Gaza-Stadt die schwersten Verluste seit mehr als einem Monat bekannt und sieht sich angesichts der zunehmenden Zahl von Todesopfern unter der Zivilbevölkerung und der Verschlimmerung einer humanitären Katastrophe einer wachsenden diplomatischen Isolation gegenüber. Einen Tag nachdem die Vereinten Nationen einen sofortigen humanitären Waffenstillstand gefordert hatten, fanden gleichzeitig im Norden und im Süden der Enklave heftige Gefechte statt.
Seit 8. Oktober belagern die israelischen Streitkräfte die Enklave und haben einen Großteil davon in Schutt und Asche gelegt. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörden wurden mehr als 18.000 Menschen getötet, und man befürchtet, dass viele Tausend weitere in den Trümmern oder außerhalb der Reichweite von Krankenwagen verschollen sind. Seit dem Ende einer einwöchigen Waffenruhe Anfang Dezember haben die israelischen Streitkräfte ihre Bodenoffensive vom nördlichen Gazastreifen auf den Süden ausgeweitet und die südliche Hauptstadt Khan Younis massiv bombardiert.
In der Zwischenzeit haben sich die Kämpfe in den Trümmern des Nordens, wo Israel zuvor behauptet hatte, seine militärischen Ziele weitgehend erreicht zu haben, weiter verschärft. Israel meldete, dass in den letzten 24 Stunden zehn seiner Soldaten getötet worden seien, darunter ein Oberst, der einen vorgeschobenen Stützpunkt befehligte, und ein Oberstleutnant, der ein Regiment kommandierte. Dies war der schwerste Verlust an einem Tag seit 15 Toten am 31. Oktober. Die meisten Todesopfer gab es im Stadtteil Shejaiya im Norden von Gaza-Stadt, wo die Truppen in einen Hinterhalt gerieten, als sie versuchten, eine andere Gruppe von Soldaten zu retten, die in Gefechte mit Hamas-Kämpfer geraten waren.
Die Hamas erklärte, der Vorfall zeige, dass die israelischen Streitkräfte den Gazastreifen niemals unterwerfen könnten: "Je länger ihr dort bleibt, desto größer wird die Rechnung eurer Todesfälle und Verluste sein."
Gut zwei Monate nach dem Angriff der Hamas auf Israel sieht sich Tel Aviv zudem international zunehmend wegen seines Vorgehens im Gazastreifen isoliert. 153 Staaten forderten in der UN-Generalversammlung am Dienstag einen sofortigen Waffenstillstand. Die USA, Israels engster Verbündeter, stimmten zwar mit Nein. Kurz vor dem Votum hatte Präsident Joe Biden aber vor Parteispendern in Washington Israel ein "willkürliches Bombardement" vorgeworfen und davon gesprochen, dass das Land im Begriff sei, "die internationale Unterstützung zu verlieren". Die EU bleibt in der Frage gespalten, aber Israel genießt nun auch in Europa immer weniger Unterstützung für seinen Kurs. Nur noch zwei EU-Staaten – Österreich und die Tschechische Republik – stimmten gegen die jüngste UN-Resolution. Kroatien, das beim letzten Mal mit Nein gestimmt hatte, votierte nun für die neue Resolution, Ungarn wechselte vom Nein zur Enthaltung. Sieben EU-Staaten wechselten von Enthaltung im Oktober zum Ja.
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