In einem Interview mit der Financial Times, das am Freitag veröffentlicht wurde, bekannte Ali Barakeh, ein Mitglied der politischen Führung der Hamas mit Sitz im Libanon, die Gruppe habe "nicht mit einer derartigen Reaktion" der USA gerechnet.
"Eine israelische Antwort? Ja, das haben wir erwartet", sagte er. "Aber was wir jetzt sehen, ist der Eintritt der USA in den Kampf, und damit haben wir nicht gerechnet."
Seit dem blutigen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober mit Hunderten zivilen Opfern hat Washington im Nahen Osten große Taten folgen lassen und zwei Flugzeugträger sowie ein amphibisches Angriffsschiff mit 2.000 Matrosen und Marinesoldaten ins Mittelmeer entsandt. US-Beamte erklärten, diese Maßnahmen sollten externe Akteure davon abhalten, sich am Gaza-Krieg zu beteiligen.
Barakehs Äußerungen fallen zu einem Zeitpunkt, an dem die Befürchtungen zunehmen, dass sich der Krieg zwischen Israel und der Hamas, der durch den tödlichsten Angriff auf das Land in seiner Geschichte ausgelöst wurde, zu einem umfassenderen regionalen Konflikt ausweiten könnte, in den auch vom Iran unterstützte bewaffnete Gruppen einbezogen werden.
Am Donnerstag erklärte das Pentagon, es habe Luftangriffe auf zwei Einrichtungen in Ostsyrien geflogen, die angeblich vom Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) und mit dieser "verbundenen" Gruppen genutzt werden. Weiter wurde behauptet, die Operation sei nach einer Reihe von Raketenangriffen auf US-Truppen zur "Selbstverteidigung" erfolgt. Während die Mission die Eskalation der US-Militäraktion in der Region verdeutlichte, betonten Beamte, dass sie "getrennt und unterschiedlich" von den Feindseligkeiten mit der Hamas sei.
Die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) haben als Reaktion auf den Angriff der Hamas Anfang des Monats, der nach Angaben israelischer Behörden rund 1 400 Menschenleben gefordert hatte, Luftangriffe auf den Gazastreifen geflogen. Mehr als 7.000 Palästinenser wurden nach Angaben palästinensischer Gesundheitsbeamter seither bei wochenlangen IDF-Bombardements getötet, und Israel bereitet nun eine umfangreiche Bodenoperation vor, um die Hamas auszuschalten.
Barakeh äußerte keine Reue für das Massaker der Gruppe an unbewaffneten israelischen Zivilisten und sagte, die Hamas betrachte es als "Verteidigungsoperation" als Antwort auf Israels "Verbrechen der Besatzung". Barakeh räumte ein, dass der Angriff der Hamas "ohne die Hilfe unserer Verbündeten Iran und Hisbollah nicht erfolgreich gewesen wäre", erklärte aber, dass niemand außerhalb des militärischen Flügels der Hamas von dem Angriff gewusst habe, nicht einmal die ranghöchsten politischen Führer.
Die vom Iran unterstützten Gruppen, die von Teheran als Achse des Widerstands bezeichnet werden, hätten erst nach dem Angriff eine gemeinsame Operationszentrale in Beirut eingerichtet, betonte er. "Sie unterstützen uns. Sie sind bis zum Ende bei uns." Barakeh sagte weiter, dass die militante Gruppe mindestens 40.000 Kämpfer in ihren Reihen habe und dass die meisten von ihnen in ausgedehnten Tunnelnetzen unter dem Gazastreifen stationiert seien. "Wir sind auf eine Bodenoffensive vorbereitet", fügte er hinzu und erklärte, dass der unterirdische Komplex mit Vorräten für Monate ausgestattet ist.
Beim letzten nächtlichen Bombardement wurden nach israelischen Angaben 150 unterirdische Einrichtungen der Hamas zerstört.
Am Samstag haben iranische Behörden die direkte Beteiligung der US-Armee an der israelischen Bodenoperation in Gaza bekannt gegeben. Wie die staatliche iranische Agentur Tasnim unter Berufung auf die staatlichen Sicherheitsorgane des Landes berichtet, haben etwa 5.000 US-Soldaten an der israelischen Bodenoperation im Gazastreifen teilgenommen, die am Vortag begonnen hatte. An der Operation seien drei Divisionen und mehrere Brigaden der US-Armee beteiligt gewesen, heißt es in dem Bericht. Weder die Hamas noch Israel oder die USA haben sich zu dieser Angelegenheit geäußert.
Mehr zum Thema – Warten auf die Bodenoffensive: Schreckt Israel vor den drohenden hohen Verlusten zurück?