Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat am Dienstag die Bildung einer "Notstandsregierung der nationalen Einheit" angekündigt. Die Initiative ist nach Angaben der Zeitung The Times of Israel von den Chefs aller Koalitionsparteien unterstützt worden. Wie ein Vertreter von Netanjahus Partei Likud betonte, gibt es derzeit noch keine Zustimmung der Oppositionsvereinigung Nationale Union. Diese könnte jedoch in Kürze erreicht werden.
Weiter berichtete die Zeitung, dass der Likud zur Bildung einer Notstandsregierung nach dem Beispiel aus dem Jahr 1967 aufgerufen habe, als Regierung und Opposition sich während des Sechstagekrieges verbündet hatten. Netanjahu habe die Opposition aufgefordert, ohne Vorbedingungen ein Kabinett zu bilden. The Times of Israel zitiert den Ministerpräsidenten wie folgt:
"In einer solchen Lage gibt es in Israel keine Opposition oder Koalition. Wir leisten den Sicherheitskräften unsere volle Unterstützung, um dem Terrorismus und seinen Anhängern eine harte Antwort zu geben."
Netanjahu und der Ex-Verteidigungsminister und der Chef der Nationalen Union Benny Gantz sollen laut dem Sender Kan am Montagabend ein Gespräch zu dem Thema geführt haben. Die Bedingungen für eine Regierungsbildung seien "reif", und sie werde wahrscheinlich formiert, wenn nicht in letzter Minute etwas Außerordentliches geschehe. Es werde ein Militärkabinett mit einer begrenzten Zahl von Ministern geplant, die ein Großteil der Befugnisse zur Kriegsführung bekämen. Avigdor Lieberman, der Chef der Oppositionspartei Jisra'el Beitenu, habe ebenfalls seine Bereitschaft geäußert, sich der Notstandsregierung anzuschließen.
Jair Lapid, Ex-Ministerpräsident und Leiter der größten oppositionellen Partei Jesch Atid, hatte sich bereits am 7. Oktober für eine "professionelle Notstandsregierung mit der begrenzten Zahl von Minister" ausgesprochen. Ihm zufolge ist das derzeitige Kabinett, das er als "extremistisch und wenig effektiv" bezeichnete, nicht in der Lage, einen Krieg zu führen. Wie The Times of Israel meinte, sollen Lapids Aussagen praktisch eine Forderung bedeutet haben, rechte konservative Parteien wie etwa Netanjahus Likud aus der Regierung zu entfernen. Am 10. Oktober erklärte Lapid jedoch, es seien keine Verhandlungen mit Netanjahus Vertretern geplant, so der Sender Kan.
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