Proteste gegen Justizreform in Israel dauern an: Demonstranten wollen Regierung unter Druck setzen

Obwohl die rechts-religiöse Regierung Israels ihre umstrittene Justizreform vorerst ausgesetzt hat, gehen ihre Gegner davon aus, dass es bald einen neuen Vorstoß für die Umsetzung der Neuregelung geben wird. Landesweit kommt es wieder zu massenhaften Demonstrationen.

Kurz vor der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des israelischen Parlaments am Sonntag sind erneut zahlreiche Menschen landesweit einem Aufruf der Opposition gefolgt, um gegen die umstrittene Justizreform zu demonstrieren. Allein in der Küstenmetropole Tel Aviv gingen nach Angaben des Fernsehsenders Kanal 13 mehr als 200.000 Protestierende auf die Straße. Ähnliche Protestkundgebungen fanden in ungefähr 150 Ortschaften des Nahost-Landes statt. In Haifa versammelten sich nach Hochrechnungen des Unternehmens Crowd Solutions etwa 30.000 Gegner der Justizreform, in Kfar Saba waren es rund 18.000 und in Netanja weitere 16.000.

Bei der Protestkundgebung in Tel Aviv wurde eine Videobotschaft des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez ausgestrahlt. Der Vorsitzende der Sozialistischen Internationalen (SI) unterstützte die Protestierenden und beharrte auf dem Kampf für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie. Diese Werte sollten täglich verteidigt werden. Die SI sei mit dem israelischen Volk solidarisch.

Der israelische Außenminister Eli Cohen warf den Gegnern der Justizreform den Versuch vor, den "internationalen Status" des Landes zu gefährden. Mit Blick auf die Videoansprache von Sánchez betonte er, dass keine ausländische Organisation für das israelische Volk entscheiden werde. Zugleich zeigte sich Cohen sicher, dass der SI-Vorsitzende dies nicht angestrebt hätte.

Am Donnerstag hatte in Jerusalem eine massenhafte Kundgebung der Befürworter der Justizreform stattgefunden. Daran nahmen rund 200.000 Menschen teil. Ihre Organisatoren wollten somit den Gegenpol des breiten Widerstands gegen das Vorhaben der Regierung um Benjamin Netanjahu im In- und Ausland zu Wort kommen lassen.

Obwohl die Verabschiedung der Reformpläne nach einer Entscheidung Netanjahus seit März auf Eis liegt, wird nach der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode der Knesset an diesem Sonntag mit einem neuen Vorstoß zur Umsetzung der Reform gerechnet. Gespräche zwischen Regierung und Opposition unter Vermittlung von Präsident Jitzchak Herzog haben jedoch bisher keine Einigung erzielt. Inzwischen hält der Protest seit 17 Wochen an. Die Demonstrierenden wollen somit die Regierung unter Druck setzen, damit sie auf ihre Reformpläne endgültig verzichtet.

Kritiker werfen der Regierung vor, die unabhängige Justiz des Landes schwächen und die Demokratie in Israel aushöhlen zu wollen. Das Vorhaben der Regierung zielt darauf ab, die Befugnisse der Justiz und des Obersten Gerichts einzuschränken und die Stellung des Parlaments und des Ministerpräsidenten zu stärken.

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