Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen befasste sich auf Antrag Chinas und der Vereinigten Arabischen Emirate am Donnerstag mit dem umstrittenen Besuch des rechtsextremen israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben-Gvir auf dem Tempelberg in Jerusalem.
Israels UN-Botschafter Gilad Erdan bezeichnete es als "wirklich absurd", eine Sitzung wegen eines "Nichtereignisses" abzuhalten. Der palästinensische Gesandte bei der UNO Riyad Mansur warf Israel hingegen vor, mit "absoluter Verachtung" gegenüber den Palästinensern, dem Rat und der internationalen Gemeinschaft zu handeln. Er forderte die Mitglieder des Sicherheitsrates auf, Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen.
"Welche rote Linie muss Israel überschreiten, dass der Sicherheitsrat endlich sagt: Genug ist genug, und entsprechend handelt?", fragte Mansur.
Alle wichtigen Partner Israels, von der alten Schutzmacht USA bis zu seinen neuen arabischen Freunden in der Golfregion, verurteilten bereits den Tempelberg-Besuch Ben-Gvirs. Für Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dürfte vor allem die Ablehnung aus Bahrain oder den Vereinigten Arabischen Emiraten schmerzhaft sein, die ihre Beziehungen unlängst zu Tel Aviv normalisiert hatten.
Das Judentum verehrt den Tempelberg als seinen heiligsten Ort. Für Muslime ist der Hügel mit dem Felsendom und der Al-Aqsa-Moschee die drittheiligste Stätte nach Mekka und Medina. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung.
Militante Palästinenser reagierten bereits auf Ben-Gvirs Besuch am Dienstag und feuerten eine Rakete in Richtung Israel ab. Der Start der Rakete sei aber fehlgeschlagen, teilte Israels Armee mit. Mit dem Amtsantritt der rechtsradikalen Regierung in Israel scheint der Konflikt in den palästinensischen Gebieten wieder zu eskalieren. Netanjahu hatte seinen nationalistischen und ultrareligiösen Koalitionspartnern Zugeständnisse machen müssen, um überhaupt ein Regierungsbündnis schmieden zu können, unter anderem mit Ben-Gvirs rassistischer Partei Otzma Yehudit.
Da niemand sonst mit Netanjahu hatte koalieren wollen, hatte er sich Parteien zugewandt, die vor allem zwei gesellschaftliche Schichten vertreten: ultraorthodoxe und sogenannte nationalreligiöse Juden. Protagonisten dabei sind die nationalreligiösen Politiker Bezalel Smotrich und Ben-Gvir. Sie haben lange verhandelt, um sich die gewünschten Zuständigkeiten zu sichern. Smotrich ist Israels neuer Finanzminister, erhält aber auch weitgehende Kontrolle über den Siedlungsbau. Ben-Gvir, der als politischer Brandstifter gilt, ist Israels neuer Minister für Nationale Sicherheit.
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