Wladimir Putin besucht Iran – Schnelle Reaktion auf US-initiierten Golf-Gipfel

Während Biden ohne eine Zusage für höhere Ölförderungen aus Saudi-Arabien zurückgekehrt ist, hat Russlands Präsident Putin am Dienstag einen Teheraner Gegengipfel zu dem vom US-Präsidenten initiierten Golf-Gipfel in Dschidda in die Wege geleitet. So soll der neuen US-Agenda im Nahen Osten entgegengewirkt werden.

von Seyed Alireza Mousavi

Obwohl US-Präsident Joe Biden bei seiner ersten Nahosttour verkündete, dass die USA kein Vakuum für China, Russland und Iran im Nahen Osten hinterlassen würden und weiterhin "engagiert" in der Region bleiben wollten, brachte seine Reise kaum handfeste Ergebnisse. Washington ist es nicht gelungen, in der Region eine Militärallianz gegen Iran zu bilden, wobei Biden ohne eine Zusage für höhere Ölförderungen aus Saudi-Arabien zurückkehrte.

Während der Westen in letzter Zeit vergeblich versucht hat, Russland im Zuge des Ukraine-Krieges auf der geopolitischen Ebene zu isolieren, sind der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan am Dienstag in Teheran mit dem iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zusammengekommen. 

Präsident Putin hat einen Teheraner Gegengipfel zu dem von Saudi-Arabien und den USA initiierten Golfgipfel in Dschidda in die Wege geleitet, um der neuen westlichen Agenda für die Region entgegenzuwirken. Vor Kurzem fand auch in China ein Gipfeltreffen des Bunds der BRICS-Staaten – bestehend aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – statt, der sich als ein Gegenmodell zur Staatengruppe G7 etablieren will.

Russland zielt darauf ab, angesichts seiner Konfrontation mit dem Westen im Zuge des Ukraine-Krieges die Verbindungen zu jenen Staaten zu intensivieren, die auch in einem Dauerkonflikt mit den USA stehen. Putins Reise nach Teheran nimmt eine wichtige Dimension an, nachdem der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington erklärte, dass Iran die Lieferung mehrerer Hunderter Drohnen an Russland für einen Einsatz in der Ukraine vorbereitet habe. Iran hat diesen Bericht zwar zurückgewiesen, das Dementi fiel jedoch eher halbherzig aus. Während das iranische Außenministerium die Meldung dementierte, hat sich die Iranische Revolutionsgarde bislang nicht dazu geäußert. Einige iranische Drohnen sind von der Bauweise den fortgeschrittenen US-Drohnen nachempfunden. Iran hatte seinerzeit eine Drohne vom Typ MQ-1B Predator über iranischem Territorium zur Landung gezwungen und sie als Schahed-129 kopiert.

Washington hatte bislang große Schwierigkeiten, seine arabischen Alliierten dazu zu bewegen, sich im Großkonflikt mit Russland und China auf dessen Seite zu stellen. Ein US-Beamter erklärte CNN, dass die wachsende Partnerschaft zwischen Teheran und Moskau ein Beispiel dafür sei, warum die USA ihre Präsenz und ihren Einfluss im Nahen Osten aufrechterhalten müssten.

Erdoğan, Raisi und Putin treffen sich im Rahmen des Astana-Formats in Teheran, um über Syrien zu beraten. Dem türkischen Präsidenten Erdoğan geht es vorrangig darum, eine Zustimmung Russlands und Irans für die vierte Invasion in Nordsyrien seit 2016 zu erhalten. Erst vor wenigen Tagen hatten die syrischen Kurden Teheran noch aufgefordert, sich gegen einen türkischen Einmarsch zu stellen. Russland sprach sich zudem bislang gegen einen türkischen Einmarsch in Nordsyrien aus. Moskau hatte Anfang Juli als Warnung an die Türkei die Fortsetzung der UN-Hilfen durch den Grenzübergang Bab al-Hawa – über den Damaskus keine Kontrolle hat – nur für sechs Monate verlängert.  

Die Türkei hat den Ukraine-Krieg zwar verurteilt, das Land trägt jedoch weiterhin nicht die Sanktionen des Westens gegen Russland mit. Die Türkei steuert derzeit zudem auf eine Konfrontation mit Griechenland zu, da Athen seine Lobby gegen Sicherheitsbedenken Ankaras in den USA im Zuge des Ukraine-Krieges intensiviert hat. Ein Kompromiss zwischen Iran, der Türkei und Russland über türkische Sicherheitsbedenken in Nordsyrien ist allerdings zu erwarten, um die Türkei stärker an die Seite von Moskau und Teheran zu binden.

Wichtiger als das Gipfeltreffen der drei Regierungschefs über Syrien ist das persönliche Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Putin und dem iranischen Staatsoberhaupt Ali Chamenei in Teheran. Chamenei ist Entscheidungsträger bei strategischen Fragen in Iran. Bei diesem Treffen geht es unter anderem um mögliche Waffenlieferungen an Russland. Iran ist nicht bereit, dieses Risiko ohne Gegenleistungen einzugehen und seine Bezeigungen zum Westen durch Waffenlieferungen an Russland noch mehr zu verschlechtern. Auf dem Verhandlungstisch liegt dann wohl die Syrien-Karte.

Obwohl Russland mehr als 100.000 Soldaten für seine Operation in der Ukraine eingesetzt hat, ist es ihm gelungen, seine militärische Präsenz in Syrien und Libyen aufrechtzuerhalten. Der Ukraine-Krieg bindet jedoch die Ressourcen Russlands und führt zu Machtverschiebungen in Syrien. Moskau musste einige Einheiten von dort abziehen und verlegte Soldaten in die Ukraine. Es wird spekuliert, dass der stärkere iranische Einsatz bereits vom syrischen Präsidenten und mit Zustimmung Russlands beantragt worden ist. Damit gewinnt die Iranische Revolutionsgarde mehr Spielraum an der Grenze Israels, was bereits in Israel und Jordanien für Verunsicherungen gesorgt hatte. Vor diesem Hintergrund besucht der syrische Außenminister Faisal Mekdad am Mittwoch Teheran, um sich mit seinem iranischen Amtskollegen Hossein Amir-Abdollahian zu treffen.

Die ins Stocken geratenen Atomgespräche in Wien stehen zudem auf der Agenda des strategischen Treffens zwischen Putin und Chamenei. Ein Vertrauter von Staatsoberhaupt Chamenei sagte im Vorfeld des Gipfeltreffens in Teheran, so schnell wie Iran die Anreicherung von Uran von 20 auf 60 Prozent angehoben habe, könne man auch weiter auf 90 Prozent anreichern. Noch liege eine Entscheidung dazu nicht vor. Der Nahe Osten ist in Bewegung: Während die Golfstaaten und Israel versuchen, unter Vermittlung der USA eine Allianz gegen die Vormacht Irans in der Region zu schmieden, rücken Russland und Iran enger zusammen. 

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