In der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan haben am Mittwoch neue Friedensgespräche für Syrien begonnen, die von Russland und der Türkei sowie Iran organisiert worden sind. Die russische Delegation wird von dem russischen Sondergesandten des Präsidenten für Syrien, Alexander Lawrentjew, geleitet.
Im Vorfeld der Gespräche sagte Lawrentjew, dass die Lösung des Konflikts in Syrien ungeachtet der Militäroperation in der Ukraine für Russland Vorrang habe. Wenn irgendjemand im Westen darauf hoffe, dass Russland in Syrien Schwäche zeige, dann warte er vergebens.
"Es wird gesagt, dass Russlands Aufmerksamkeit gegenüber Syrien angesichts der militärischen Sonderoperation in der Ukraine abgenommen hat. Einige europäische Staaten wollen, dass sich die Lage in Syrien nach ihren Vorlagen entwickelt. Nun, ich möchte sagen, dass die Beilegung des syrische Konfliktes immer noch zu den Prioritäten der russischen Außenpolitik gehören."
Dabei warnte der russische Diplomat vor einer möglichen türkischen Invasion in Syrien: Das wäre aus Sicht der Kremlführung ein unvernünftiger Schritt, der zu einer Destabilisierung der Lage in Syrien führen könne, zu einer neuen Spirale der militärischen Konfrontation in der Region.
Laut Lawrentjew glaubt Russland, es sei nun höchste Zeit, den Mechanismus der grenzüberschreitenden Hilfe in Syrien für beendet zu erklären. Er sagte:
"Viele sind derzeit besorgt über die künftige Funktion des grenzüberschreitenden Mechanismus. Wie Sie wissen, läuft die Resolution 2585 am 10. Juli aus. Bisher haben wir keine westlichen Schritte zur Lockerung der Sanktionen gesehen."
Russland hat bislang versucht, die grenzüberschreitende Hilfe für Syrien als ein Mittel zur Lockerung der Sanktionen gegen Syrien oder die Unterstützung des Wiederaufbaus des Landes zu nutzen.
"Dieser Mechanismus wurde als vorübergehende Maßnahme konzipiert, und anscheinend ist es an der Zeit, die gesamte Hilfe der internationalen Gemeinschaft über Damaskus abzuwickeln, und zwar aus legitimen Gründen", sagte er im Vorfeld des internationalen Syrien-Treffens im Astana-Format.
In letzter Zeit haben die USA Russland im UN-Sicherheitsrat unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe mehrfach dazu aufgefordert, die Genehmigung für den Grenzübergang Bab al-Hawa an der türkischen Grenze zu verlängern. Russland hingegen will die Hilfslieferungen künftig über Syriens Hauptstadt Damaskus abgewickelt sehen, damit Syrien die Kontrolle über seine gesamte Grenze wiedererlangen kann.
Die drei Schutzmächte organisieren seit 2017 im Astana-Format Gespräche über den Syrien-Konflikt. Eine UN-Delegation unter der Leitung von Robert Dunn, Hauptbeauftragter für politische Angelegenheiten des Sondergesandten für Syrien, eine jordanische Delegation, Vertreter des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz sind ebenfalls als Beobachter an dem neuen Treffen beteiligt. Die teilnehmenden Parteien werden in der neuen Runde des Astana-Formats unter anderem die Bedingungen für die sichere Rückkehr syrischer Flüchtlinge aushandeln und Gespräche über eine neue syrische Verfassung führen.
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