von Seyed Alireza Mousavi
Israel drehte letzte Woche wieder an der Eskalationsschraube seiner jahrelangen Aggressionen gegen die syrische Souveränität, indem es einen Raketenangriff auf den wichtigsten zivilen Flughafen des Landes in Damaskus verübte. Kommerzielle Flüge von und nach Syrien sind nach den Luftangriffen am Freitag für fünf Tage komplett ausgesetzt. Neben den Start- und Landebahnen trafen die Angriffe auch Flughafengebäude und einen Radarturm.
Der Angriff auf den Flughafen von Damaskus hat die Spannungen zwischen Israel auf der einen Seite und Iran und seinem libanesischen Verbündeten Hisbollah auf der anderen Seite in der Region weiter verschärft. Dazu kommen noch die jüngsten Mordaktionen des israelischen Geheimdienstes gegen iranische Bürger: Iran hat in letzter Zeit Israel beschuldigt, mehrere hochrangige Mitglieder der Iranischen Revolutionsgarde ermordet zu haben.
Im Nahen Osten sind erhebliche geopolitische Verschiebungen zu beobachten. Jordaniens König Abdullah II warnte kürzlich davor, dass die neuen Kräfteverschiebungen in Syrien zu Spannungen entlang der Grenze zu Jordanien führen könnten. Der Angriff am Freitag war die umfangreichste Aggression Israels gegen ein ziviles Ziel in Syrien, die faktisch den internationalen Flughafen von Damaskus lahmgelegt hat. Der Flughafen war bislang auch in den schlimmsten Tagen des bereits elf Jahre andauernden Konflikts in Syrien in Betrieb geblieben. Israel habe – nach eigenen Angaben – in letzter Zeit Waffenlager der Milizen in Syrien ins Visier genommen, um mutmaßliche Waffenlieferungen über Syrien an die Hisbollah zu unterbinden.
Im Gegensatz zur israelischen Darstellung der Lage erklärte vor Kurzem der syrische Präsident Baschar al-Assad in einem Interview mit RT, dass die Aggression Israels gegen Syrien erst dann eingeleitet worden wäre, als die Terroristen in Syrien in vergangenen Jahren immer mehr Boden verloren hätten: "Die Israelische Armee ist für uns genauso ein Terrorist wie jeder anderer Terrorist – ob syrisch oder aus dem Ausland", sagte Assad weiter.
Die jüngste Eskalationen erfolgen nur wenige Wochen nach dem laut Berichten begonnenen Abzug einiger Truppen Russlands aus Syrien, um die russischen Streitkräfte in der Ukraine zu stärken. Syrien will sich nun stärker auf die Partnerschaft mit Iran stützen. Mit dem jüngsten Angriff wolle Israel die Botschaft senden, dass es nicht zulassen werde, dass Iran das von Russland in Syrien hinterlassene Machtvakuum füllen könne. Falls Russland sich aus Syrien zurückzieht, wird eine direkte Konfrontation zwischen Iran und Israel auf syrischem Boden zu erwarten sein, da Russland bislang die Rolle einer Ordnungsmacht in Syrien gespielt hat.
Israel praktizierte laut eigener Darstellung bislang mit Moskau einen Mechanismus, wonach Russland nicht auf israelische Luftangriffe gegen iranische Ziele in Syrien reagiert habe. Die Lage hat sich aber nun komplett verändert. Israels Beziehungen zu Russland haben sich durch den Ukraine-Konflikt sehr verschlechtert, auch weil die Regierung in Tel Aviv die Ukraine zunehmend unterstützt und gleichzeitig versucht, Israels "Bewegungsfreiheit" in Syrien aufrechtzuerhalten. Trotz der Verschlechterung der Beziehungen zu Moskau setzt Israel seine Operationen im syrischen Luftraum, der überwiegend von Russland kontrolliert wird, weiter fort. Das russische Außenministerium verurteilte am Freitagabend die "bösartige Aktion" Israels aufs Schärfste und bezeichnete die israelische Aggression gegen Syrien als "Provokation", die gegen "die grundlegenden Normen des Völkerrechts" verstoße.
Der Angriff von Freitag könnte unter anderem ein erster Schritt in Richtung eines möglichen neuen Krieges zwischen Israel und der Hisbollah sein. Der libanesischer Journalist Sateh Noureddine glaubt, dass Israels Schritt, den Flughafen von Damaskus lahmzulegen, darauf abziele, "eine vollständige Luftblockade gegen Iran zu verhängen" und damit die entscheidende Luftverbindung der Hisbollah zu ihrem einzigen "militärischen Versorgungszentrum" zu unterbrechen. Die Hisbollah befindet sich derzeit auch in einem Kampfmodus. Die Widerstandsbewegung drohte kürzlich Israel mit Krieg, sollte das Land an der Ausbeutung des vom Libanon beanspruchten Karisch-Gasfeldes im Mittelmeer festhalten.
Die Anzeichen mehren sich, dass sich der Nahe Osten in einer Übergangsphase zur Aufbau der neuen Ordnung befindet, da die alten Mechanismen zur Eindämmung der Konflikte in der Region seit Beginn der Militäroperation Russlands in der Ukraine ausgedient haben.
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