Parlamentswahl: Al-Sadr-Bewegung nach Wahl im Irak vorn

Die schiitische Al-Sadr-Bewegung steht vor einem klaren Wahlsieg bei der Parlamentswahl. Die einstmals zweitplatzierte Fatah-Koalition könnte diesmal deutliche Einbußen verzeichnen. Fatah steht der iranischen Revolutionsgarde nahe. Das Lager der irantreuen Kräfte prangerte die ersten Ergebnisse der irakischen Wahlen bereits als "Manipulation" und "Betrug" an.

Bei der Parlamentswahl im Irak liegt die Bewegung des schiitischen Geistlichen Muktada al-Sadr deutlich in Führung. Nach vorläufigen Ergebnissen der Wahlkommission erreichte sie bei der Abstimmung am 10. Oktober 2021 mehr als 60 von 329 Sitzen im Abgeordnetenhaus. In einer Fernsehansprache warnte al-Sadr andere Staaten, sich in die Regierungsbildung einzumischen. Der schiitische Geistliche hatte bereits vor der Wahl Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten für ein Mitglied seiner Bewegung erhoben. Nach den ersten Wahlergebnisse feierten am Montagabend Al-Sadr-Anhänger auf dem Tahrir-Platz in Bagdad den Sieg der Bewegung. Al-Sadr, der selbst nicht kandidierte, beanspruchte den Sieg für seine Bewegung.

Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi hatte die Abstimmung nach Protesten gegen die politische Führung des Landes im Oktober 2019 um mehrere Monate vorgezogen. Al-Sadrs Bewegung war bereits aus der Parlamentswahl 2018 als stärkste Kraft hervorgegangen. Die damals zweitplatzierte Fatah-Koalition dürfte diesmal deutliche Verluste erleiden. Sie könnte mehr als die Hälfte ihrer Sitze verlieren. Die Fatah ist mit den vom Iran unterstützten schiitischen Milizen verbunden.

Der Wahlkampf wurde im Vorfeld von Stimmenkauf-Vorwürfen begleitet. Das Lager der irantreuen Kräfte, zu dem auch die politischen Ableger mehrerer schiitischer Milizen gehören, prangerten die ersten Ergebnisse der irakischen Wahlen als "Manipulation" und "Betrug" an. "Wir werden gegen die Ergebnisse Einspruch einlegen und wir lehnen sie ab", hieß es am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung mehrerer Parteien, darunter der Fatah-Koalition. 

Hadi al-Amiri, eine der mächtigsten proiranischen Persönlichkeiten im Irak, sagte, die Ergebnisse seien "verfälscht". Das berichtete Al Jazeera unter Berufung auf den in Bagdad ansässigen Fernsehsender Al Ahad TV. "Wir werden diese erfundenen Ergebnisse nicht akzeptieren", so al-Amiri weiter.

Das politische System im Irak versucht mit einer konfessionsgebundenen Ämtervergabe Stabilität zu garantieren. Die Methode ist zwar nicht in der Verfassung verankert, aber seit 2005 politische Praxis. Insofern werden die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in den höchsten Staatsämtern berücksichtigt: Der Präsident ist ein Kurde, der Parlamentspräsident ein Sunnit und der Ministerpräsident zumeist ein Schiit.

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