Angela Merkel traf am 9. Oktober zu einem dreitägigen Besuch in Israel ein. Es war ihr achter Israel-Besuch während ihrer Zeit als Bundeskanzlerin. Deutschland sei nicht "neutral", wenn es um die Fragen der Sicherheit Israels gehe, erklärte Merkel bei einer Pressekonferenz mit Israels Regierungschef Naftali Bennett am Sonntag. Die Sicherheit Israels bezeichnete sie als "Teil unserer Staatsräson" und stufte sie auch für jede künftige deutsche Regierung als "zentralen Punkt" ein.
Dass Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson sei, sagte die Kanzlerin bereits im Jahr 2008 in einer Rede vor der Knesset, die sie in deutscher Sprache hielt. Israelische Medien zitieren ihn bis heute. Merkel sicherte Israel weiterhin deutsche Unterstützung in Sicherheitsfragen zu.
"Es bleibt ein Glücksfall der Geschichte, dass es gelungen ist, nach der Shoa zwischen Deutschland und Israel solche Beziehungen aufzubauen und deshalb wird das Thema der Sicherheit Israels auch immer ein zentrales Thema für jede deutsche Regierung sein."
Die Kanzlerin betonte, nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft in den Beziehungen zu Israel "einen guten Übergang zur nächsten Regierung in Deutschland erreichen" zu wollen. Die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen seien ihr stets wichtig gewesen.
Regierungschef Naftali Bennett würdigte Merkel als "moralischen Kompass des gesamten europäischen Kontinents" und als "echte Freundin des jüdischen Staates Israel". Bennett sagte, dass das sehr diversifizierte israelische Kabinett sich einig sei in seiner Wertschätzung für die Rolle, die Merkel im Laufe der letzten Jahre bei der Gestaltung und Vertiefung der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland gespielt habe.
"Die bilateralen Beziehungen während Ihrer Amtszeit als Kanzlerin wurden stärker denn je und haben sich dank Ihrer Führung in eine echte Freundschaft verwandelt."
Bei den Gesprächen ging es auch um das iranische Atomprogramm. Bennett nutzte die Gelegenheit, um die iranische Nuklearfrage in einer klaren Botschaft an Merkels Nachfolger anzusprechen. Dies sei "ein kritischer Zeitpunkt", und Deutschlands Position sei "entscheidend".
"In Israel ergreifen wir Maßnahmen und operieren gegen Iran in jedem Ausmaß – einschließlich täglicher Maßnahmen, um zu verhindern, dass er unsere Region mit Waffen überzieht."
Merkel betonte, man müsse die "iranischen Drohungen" gegen die "Existenz Israels" sehr ernst nehmen. "Wenn wir uns anschauen, wie die Urananreicherung voranschreitet, ist das ein Thema großer Dringlichkeit."
Während Israel Iran als Mitglied der Internationalen Atomenergie-Organisation (International Atomic Energy Agency: IAEA) für sein Atomprogramm seit Jahren droht, führt Tel Aviv laut Medienberichten eine umfangreiche Erweiterung seiner Atomanlage Dimona in der Wüste Negev durch, wo das Land bislang das spaltbare Material für sein Atomwaffenarsenal herstellt. Israel hat den Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen nicht unterzeichnet und ist damit auch nicht den regelmäßigen Untersuchungen durch die IAEA unterworfen.
Merkel erwähnte bei ihrem Besuch zwar das vage deutsche Bekenntnis zu einer "Zweistaatenlösung" im Nahostkonflikt, betonte jedoch, der zentrale Punkt sei "die Vision eines sicheren jüdischen demokratischen Staates Israels".
"Ich wünsche mir den demokratischen jüdischen Staat Israel in Sicherheit. Das bedeutet, dass man auch eine Lösung für die Menschen in der Nachbarschaft finden muss."
Bei ihrem gemeinsamen Abendessen am 10. Oktober sprach Bennett Berichten zufolge ein weiteres strategisches Thema Israels an, nämlich die deutsch-israelischen U-Boot-Geschäfte. Im Jahr 2017 unterzeichnete Israel mit erheblicher finanzieller Unterstützung der deutschen Regierung eine Absichtserklärung über den Kauf von U-Booten von ThyssenKrupp Marine Systems. Die Absichtserklärung enthielt eine Klausel, dass die U-Boote nicht an Israel geliefert würden, bevor der Verdacht auf Korruption und Bestechung im Zusammenhang mit dem bilateralen Abkommen geklärt ist. In Israel sorgten die U-Boot-Geschäfte in den vergangenen Jahren fast für eine Staatsaffäre. Der Verdacht der Korruption steht im Raum.
Eigentlich hätte Merkel den jüdischen Staat schon Ende August besuchen sollen, doch wegen der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan zu jenem Zeitpunkt sagte sie die Reise kurzfristig ab.
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