"Klare Botschaft Russlands" an die Türkei: Mehrere Terroristen bei Luftangriffen in Afrin getötet

Bei russischen Luftangriffen im Nordwesten von Syrien sind mehrere Mitglieder der protürkischen Söldnertruppe getötet worden. Die Türkei schickt inzwischen im Vorfeld des Gipfeltreffens zwischen Putin und Erdoğan neue Truppen in die letzte von Dschihadisten gehaltene Enklave im Idlib.

Bei russischen Luftangriffen am Sonntag im Nordwesten von Syrien sind Berichten zufolge mehrere Mitglieder der protürkischen Söldnertruppe "Syrische Nationalarmee" (SNA) getötet worden. Der Luftangriff traf die Stellungen der Dschihadisten in der Nähe der Stadt Afrin. Laut AP-Informationen sollen dabei mindestens 20 Islamisten getötet oder verletzt worden sein. Die radikalen Islamisten gehörten verschiedenen Besatzungsmilizen an, darunter die Hamza-Division (Furqat al-Hamza) und die Gruppen Faylaq al-Sham und Ahrar al-Sharqiya. 

Zu Angriffen kam es auch in anderen Regionen der türkischen Besatzungszone. Dabei sollen mehrere Luftschläge im Umland der seit zwei Jahren besetzten Städte Ras al-Ain und Tell Tamer verzeichnet worden sein. 

Der Luftangriff erfolgte inmitten zunehmender Spannungen zwischen der syrischen Armee und den radikalen Islamisten, die weiterhin die Provinz Idlib, die letzte verbliebene Hochburg der von der Türkei unterstützten dschihadistischen Milizen, unter ihrer Kontrolle haben. 

Die Luftangriffe sollen als Reaktion auf Angriffe protürkischer Dschihadisten auf die syrische Armee erfolgt sein. Ein Sprecher der sogenannten syrischen Nationalarmee bezeichnete den Angriff am Sonntag als "klare Botschaft Russlands" an die Türkei und zeige, dass es keine "roten Linien" gebe, berichtet Middle East Eye.

"Russlands Eskalation" habe sich diese Woche intensiviert, so "begann sie in der Provinz Idlib und erstreckt sich nun auf Gebiete in der nördlichen Provinz Aleppo entlang der Grenze", sagte Major Youssef Hamoud, der Sprecher der sogenannten Nationalarmee gegenüber Reuters. Die Syrische Nationale Armee ist eine von der Türkei im Syrischen Bürgerkrieg unterstützte Armee.

"Der Einsatz der türkischen Armee nimmt eine Kampfhaltung ein, bei der alle Militärstützpunkte verstärkt und Konvois mit gepanzerten Fahrzeugen und Kämpfern ausgerüstet werden", fügte Hamoud hinzu.

Die Türkei hat in den vergangenen Tagen weitere Truppen in die Provinz Idlib im Nordwesten Syriens entsendet, um eine mögliche syrische Offensive in Idlib abzuwehren. 

Die jüngsten Angriffe erfolgten nur wenige Tage vor dem Gipfeltreffen zwischen den Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und Wladimir Putin, bei dem es um die Lage Syriens in Sotschi gehen soll. Es wird erwartet, dass die beiden Staats- und Regierungschefs insbesondere über einen im vergangenen Jahr erzielten Deal diskutieren, der zur Einstellung der Offensive der syrischen Armee in Idlib führte. 

Der russische Außenminister Sergei Lawrow sagte am Samstag in New York, dass die Umsetzung des Abkommens langsam voranschreitet. Er erklärte, auf dem bevorstehenden Gipfel werde Ankaras Verpflichtung erörtert, die militante Präsenz in Syrien zu beenden.

Die stärkste unter den dort präsenten Terrorgruppierungen ist Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS). Die Terrorgruppe veröffentlicht inzwischen Propagandavideos, um zu zeigen, wie sich ihre Kämpfer darauf vorbereiten, mögliche Offensiven der syrischen Armee zurückzuschlagen.

In den letzten Tagen lancierten die syrische und die russische Luftwaffe mehrere Angriffe auf Terrorziele in der von HTS-Dschihadisten kontrollierten Provinz Idlib. Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) pflegt mit der Türkei Kooperationen.

Beim jüngsten Treffen zwischen Assad und Putin in Moskau brandmarkte der russische Präsident die anhaltende Präsenz ausländischer Truppen als Syriens "Hauptproblem". Die Truppen seien ohne UN-Mandat sowie ohne Genehmigung der syrischen Regierung in Syrien stationiert.

Der türkische Präsident provozierte kürzlich Russland in seiner Rede vor der UN-Generalversammlung, in der Erdoğan von einer "Krim-Annexion" sprach. Moskau bedauerte daraufhin, laut Kremlsprecher Dmitri Peskow, dass solche Aussagen gerade vor Erdoğans Besuch in Sotschi fallen.

Idlib ist auch die letzte verbliebene "Deeskalationszone", die durch die Vermittlung von Russland, Iran und der Türkei im September 2018 zustande gekommen war. Anfang 2019 kam es zu direkten bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der syrischen und der türkischen Armee, die durch eine russisch-türkische Vereinbarung über einen Waffenstillstand beendet werden konnten. 

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