In Israel läuft seit Montag eine umfangreiche Fahndung. Über Nacht waren sechs palästinensische "Sicherheitsgefangene" aus dem Gilboa-Gefängnis im Norden des Landes geflohen. Dieses gilt als sicherstes Gefängnis Israels. Die Polizei wurde gegen 3 Uhr morgens Ortszeit auf die entkommenen Gefangenen aufmerksam, als Bauern in israelischen Gebieten im Norden die Anwesenheit von sechs "verdächtigen Figuren" in ihren Feldern meldeten.
Das Gilboa-Gefängnis wurde 2004 nordwestlich von Beit Sche'an in der Nähe des Sees Genezareth eröffnet. Es galt als "absolut ausbruchsicher". Das Gefängnis soll komplett aus gegossenem Stahlbeton errichtet worden sein. Es bleibt weiterhin unklar, wie die Gefangenen offenbar wochenlang ihre Flucht vorbereiten konnten, indem sie ein Loch, das zu einem bereits vorhandenen Tunnel führte, in den Boden der Toilette ihrer Gefängniszelle gruben.
Im Internet zirkuliert seit gestern ein Video, das den Moment zeigen soll, in dem die palästinensischen Gefangenen aus dem Fluchttunnel außerhalb der Haftanstalt kommen.
Der israelische Kommandant des nördlichen Bezirks, Schimon Lavi, sagte am Montag, dass der bereits vorhandene Tunnel, der unter der Zelle gefunden wurde, ein "struktureller Fehler" sei, den die Insassen entdeckt hätten. Er fügte hinzu, dass die verbleibenden Gefangenen, etwa 400 Insassen der Gilboa-Haftanstalt, aus Sicherheitsgründen in andere Gefängnisse verlegt werden, um die Flucht zu untersuchen.
Der Inlandsgeheimdienst Israels Schin Bet erklärte, dass die Flüchtige mithilfe eines geschmuggelten Mobiltelefons mit "Kollaborateuren" außerhalb des Gefängnisses in Kontakt gewesen seien und ein Fluchtwagen auf sie gewartet habe.
Der israelischen Zeitung Jerusalem Post zufolge befindet sich der frühere Anführer der militanten al-Aqsa-Brigaden der Fatah, Sakaria Subeidi, unter den Ausbrechern. Er soll eine Schlüsselrolle in der zweiten Intifada gespielt haben. Laut der Jerusalem Post gelten alle Geflohenen als "äußerst gefährlich".
"Israelische Sicherheitsbeamte haben in Betracht gezogen, dass sie (sechs Entkommenen) einen Angriff durchführen könnten, während sie auf freiem Fuß sind, oder dass andere Palästinenser, die durch ihre Freilassung ermutigt werden, Angriffe durchführen könnten, um die Truppen von der Fahndung abzulenken. Sollten die Geflüchteten von Sicherheitskräften getötet werden, könnte eine neue Welle von Terroranschlägen ausbrechen."
Nach der Flucht fahnden nun das israelische Militär, die Polizei und der Schin Bet in einer groß angelegten Suchaktion im Norden Israels. Die israelischen Sicherheitskräfte konzentrieren sich bei ihrer Fahndung auf die Gegend von Beit Sche'an im Norden, nachdem zwei Verdächtige dort auf Überwachungskameras entdeckt wurden, berichtet die Zeitung Haaretz.
Die Polizei spekuliert, dass sich die Flüchtigen nach dem Entkommen paarweise getrennt haben und sich einige von ihnen nicht mehr in Israel aufhalten. Es bleibt unklar, ob die Gefangenen sich schon über die Grenze nach Jordanien absetzen konnten oder ob sie in die israelisch besetzten Gebiete im Westjordanland gelangt sind.
In einer Erklärung kurz nach dem Vorfall bezeichnete der Islamische Dschihad die Flucht als "heroisch". Hamas-Sprecher Fawzi Barhum lobte die sechs Flüchtigen und sagte: "Die Flucht beweist den Mut dieser Gefangenen, die trotz strenger Sicherheitsmaßnahmen die Freiheit erlangen. Es ist eine heldenhafte und beeindruckende Aktion." Die Hamas forderte die Öffentlichkeit im Westjordanland auf, den Flüchtlingen Schutz zu bieten.
Unterdessen feierte Fatah-Sprecher Munir al-Dschagub die Flucht mit den Worten: "Der Traum von Freiheit wird von allen Gefangenen geteilt. Diese sechs Helden haben es geschafft, dieses System zu durchbrechen." Die Hisbollah beschrieb die Flucht aus dem sichersten Gefängnis in Israel zudem als eine einzigartige Leistung und einen heftigen Schlag ins Gesicht der israelischen Besatzungstruppen sowie ihrer strengen Sicherheitsmaßnahmen, berichtet Press TV.
Inzwischen treten Palästinenser vor die Kamera und feiern die Flucht der sechs Ausbrecher aus dem sichersten israelischen Gefängnis. In Städten wie Ramallah und Dschenin feierten die Palästinenser. Dabei zogen die Menschen mit einem Autokorso zur Unterstützung der sechs Flüchtigen hupend durch die Straße.
Es gibt zwei Hauptorte, an die die sechs Entkommenen flüchten könnten, und zwar Gaza und Dschenin. In den letzten Monaten ist Dschenin zu einem Brennpunkt des palästinensischen Widerstands gegen israelische Sicherheitskräfte geworden, nachdem israelische Truppen dort einmarschiert waren, um Festnahmen durchzuführen. Die Unterstützung für den palästinensischen Islamischen Dschihad dort ist groß. Die Geflüchteten könnten eine Reihe von Bewohnern vorfinden, die bereit sind, ihnen zu helfen, sich dort zu verstecken.
Aufgrund der Blockade und der Sicherheitsmaßnahmen gegen Gaza bleibt es unwahrscheinlich, dass die Geflüchteten sich für den Weg dorthin entscheiden. Die Hamas in Gaza ist schon nach dem Gewaltausbruch in Jerusalem und der letzten Runde im Konflikt mit den israelischen Streitkräften als Beschützerin der Araber aufgetreten. Die Bewegung schafft derzeit eine enge Verbindung zwischen Gaza und dem Westjordanland.
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