Angesichts des katastrophalen und chaotischen Rückzugs des US-Militärs aus Afghanistan, bei dem 13 US-Soldaten sowie Dutzende afghanischer Bürger getötet wurden, lohnt es sich, die Haltung von US-Präsident Joe Biden zu Afghanistan im Jahr 2002 mit seiner heutigen Position zu vergleichen. Zu sagen, dass seine Position heute im Vergleich zu damals wie Tag und Nacht sei, könnte eine Untertreibung sein.
Biden 2002:
"Ich glaube, die Geschichte wird sehr hart über uns urteilen, wenn wir zulassen, dass die Hoffnung auf ein befreites Afghanistan verdampft, weil wir Angst vor dem Begriff Nationsaufbau haben."
Biden 2021:
"Bei unserer Mission in Afghanistan sollte es nie um Nationsaufbau gehen. (...) Unser einziges existentielles nationales Interesse in Afghanistan ist auch heute noch das, was es schon immer war: die Verhinderung eines terroristischen Angriffs auf das amerikanische Heimatland."
Noch im Juli teilte Biden mit, es sei äußerst unwahrscheinlich, "dass die Taliban alles überrennen und das ganze Land beherrschen werden".
"Unter keinen Umständen wird man sehen, wie Menschen vom Dach der US-Botschaft in Afghanistan geholt werden müssen", erklärte Biden auf der Pressekonferenz in Washington, D. C. Am Sonntag wurden die US-Diplomaten per Hubschrauber aus der Botschaft evakuiert, während die Taliban von allen Seiten in Kabul eindrangen, genauso wie 1975 während des Vietnamkrieges.
Das chaotische Debakel in Afghanistan im August war im Wesentlichen das genaue Gegenteil von dem, was Biden im Juli vorausgesagt hatte. Die Taliban übernahmen innerhalb einer Woche die Kontrolle über ganz Afghanistan. Zahlreiche Menschen wurden in den Tod gerissen. Die Vereinigten Staaten waren gezwungen, militärische Ausrüstung im Wert von Milliarden von US-Dollar zurückzulassen, einschließlich moderner Flugzeuge.
Alles, von dem Biden behauptete, es würde nicht passieren, ist passiert. Um es mit seinen eigenen Worten auszudrücken: Die Geschichte wird hart über ihn urteilen.
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