Am Mittwoch berichtete die New York Times, dass US-Militärbeamte derzeit aktiv debattieren, wie die USA reagieren sollen, wenn der Abzug der US-Streitkräfte aus dem vom Krieg heimgesuchten Land Konsequenzen mit erheblichen Auswirkungen auf die nationale Sicherheit Afghanistans haben sollte.
Das Pentagon erwägt, eine Genehmigung für Luftangriffe zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte zu beantragen, wenn Kabul oder eine andere Großstadt Gefahr laufen, an die Taliban zu fallen. Dieses Vorhaben soll dem Plan der US-Regierung zur Einstellung der US-Militärpräsenz in Afghanistan eine Art "Flexibilität" geben.
Die nicht namentlich genannten US-Sicherheitsbeamten stellen laut der Zeitung fest, dass alle Luftangriffe der Zustimmung des Präsidenten bedürfen, betonen jedoch, dass eine solche Luftunterstützung selbst dann schwer durchzuführen sei, da die USA bis nächsten Monat alle ihre Luftwaffenstützpunkte in Afghanistan schließen werden. Und deswegen müssten alle Luftangriffe höchstwahrscheinlich von Stützpunkten im Persischen Golf aus gestartet werden, so die New York Times.
Die neuen Spekulationen über den Abzug der US-Truppen aus Afghanistan kommen auf, nachdem US-Präsident Joe Biden und seine obersten nationalen Sicherheitsberater bereits gesagt hatten: Sobald die US-Truppen Afghanistan verlassen, endet auch die Luftunterstützung mit Ausnahme von Luftangriffen aus Gründen der Terrorismusbekämpfung, falls es Informationen über Angriffsversuche auf US-Amerikaner gibt.
Seit dem Verstreichen des ursprünglich für den 1. Mai vereinbarten Abzugstermins starten die Taliban eine groß angelegte Offensive gegen die international anerkannte afghanische Regierung in Kabul.
Die Militanten eroberten vor Kurzem einen strategisch bedeutenden Bezirk in der nördlichen Provinz Tachar. Nach schweren Gefechten am Donnerstagabend hatten die Taliban die Kontrolle in Ischkamisch übernommen, wie am Freitag Mitglieder des örtlichen Gemeinderats mitteilten. Den Sicherheitskräften der Regierung soll es an Munition und Luftunterstützung mangeln, weshalb sie den Bezirk verlassen mussten. Unter ihnen gab es Tote und Verletzte, genaue Zahlen waren zunächst nicht bekannt.
Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatte die US-Regierung mit den Taliban in Doha den Abzug aller internationalen Truppen bis zum 1. Mai 2021 vereinbart. Biden brach diese Zusage umgehend. Die US-Regierung verkündete dagegen unlängst, dass die USA ihre Truppen bis zum symbolträchtigen 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 (9/11) aus Afghanistan abziehen wollen. Die Taliban bestehen jedoch weiterhin auf der Vereinbarung zum ursprünglichen Termin für einen Abzug der ausländischen Truppen, also bis zum 1. Mai, und drohten seinerzeit mit Maßnahmen gegen die "Besatzungsmächte" in Afghanistan.
Die jüngste Diskussion über die Bereitstellung weiterer Luftunterstützung zeigt die Besorgnis in Washington über die Fähigkeit des afghanischen Militärs, die Taliban aufzuhalten und die Kontrolle über Kabul und andere Großstädte zu behalten.
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