Nach öffentlicher Kritik an Saudi-Arabien und anderen Golfstaaten legte der libanesische Außenminister Charbel Wehbe sein Amt nieder. Angesichts der aktuellen Entwicklung habe er seinen Rücktritt eingereicht, zitierten ihn die staatlichen libanesischen Medien am Mittwoch. Wehbes Aufgaben übernimmt vorübergehend Zeina Akar, die zudem weiterhin Verteidigungsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin bleibt, wie Nachrichtensender al-Hurra meldete.
Ohne die Golfstaaten direkt zu nennen, hatte Wehbe diesen in einer TV-Sendung beim Nachrichtensender al-Hurra vorgeworfen, dass sie die Terrormiliz IS in der Region gefördert und insbesondere den Irak, Syrien sowie den Libanon und damit die ganze Region destabilisiert hätten, meldet AP. Auf die Frage, ob er damit gemeint hätte, dass die Golfstaaten den IS finanzierten, entgegnete er scharf: "Wer denn sonst?"
Als der saudischer Gast in dieser Gesprächsrunde bei al-Hurra den libanesischen Präsidenten kritisierte, erregte sich Wehbe und sagte dem zugeschalteten saudischen Gast, wer Jamal Khashoggi in Istanbul getötet habe, habe kein Recht auf diese Weise zu reden. Wehbe sagte weiterhin im gereizten Ton, dass er als Libanese nicht solche Äußerungen von einem Beduinen hinnehmen werde und verließ damit das TV-Studio.
Mit seinen Äußerungen löste Wehbe eine diplomatische Krise aus. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait luden daraufhin die jeweiligen libanesischen Botschafter in ihren Hauptstädten vor, um gegen die Äußerungen von Charbel Wehbe während dieses Interviews mit dem Nachrichtensender al-Hurra zu protestieren. Sie warfen Wehbe vor, gegen diplomatische Normen zu verstoßen und "abfällige und rassistische Aussagen" zu machen. Wehbe entschuldigte sich inzwischen wegen seinen beleidigenden Äußerungen.
Wehbe gilt als enger Vertrauter von Präsident Michel Aoun. Dieser wiederum arbeitet mit der schiitischen Hisbollah zusammen, die mit Saudi-Arabiens Erzfeind Iran verbündet ist. Der libanesische Präsident Michel Aoun sagte bereits, dass Wehbes Äußerungen über die arabischen Staaten am Persischen Golf nicht die offizielle Politik Libanons widerspiegeln und dass Beirut daran interessiert sei, gute Beziehungen zu den Golfstaaten aufrechtzuerhalten.
Wehbes Äußerungen fielen in einer Zeit, in der die Beziehungen zwischen dem Libanon und dem traditionellen Verbündeten Saudi-Arabien bereits angespannt waren. Erst im vergangenen Monat verbot Saudi-Arabien Importe aus dem Libanon, nachdem es eine große Lieferung Amphetamine nach eigenen Angaben aufgedeckt hatte, die in Granatäpfel-Kisten geschmuggelt worden wären.
Saudi-Arabien befindet sich in einem regionalen Machtkampf mit den Schiiten Irans, den wichtigsten Verbündeten der libanesischen Hisbollah-Bewegung. Riad und andere Staaten im Golf-Kooperationsrat (GCC: Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes) verhängten bereits Sanktionen gegen die Hisbollah.
Seit fast neun Monaten hat der Libanon keine funktionierende Regierung mehr. Frankreich erhöhte kürzlich den Druck auf die politische Elite des Landes weiter, indem es damit begonnen hat, Strafmaßnahmen gegen einzelne Funktionäre im Libanon zu verhängen. Die zerstrittenen libanesischen Parteien konnten sich bislang nicht auf eine neue Regierung einigen. Die Gräben zwischen und innerhalb der verschiedenen Kräftegruppierungen scheinen unüberbrückbar zu sein.
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