Streit um russisches S-400-Abwehrsystem: Türkei signalisiert USA Kompromissbereitschaft

Der türkische Verteidigungsminister schlägt das "griechische Modell" für den Einsatz des russischen Luftabwehrsystems S-400 vor. Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA würden sich kaum verbessern, wenn sie ihre Zusammenarbeit mit YPG in Syrien nicht einstellen.

Die Türkei könnte bereit sein, den vollständigen Einsatz des russischen Luftverteidigungssystems zu unterlassen, dessen Erwerbung zu Sanktionen der Vereinigten Staaten geführt habe, teilte der Verteidigungsminister der Türkei mit.

Die USA forderten mehrfach die Türkei auf, die S-400-Raketen außer Betrieb zu setzen. Der Erwerb des russischen Flugabwehrsystems S-400 seit Juli 2019 verschlechterte die Beziehungen zwischen den USA und der Türkei, die ohnehin schon durch einige Streitpunkte im Syrienkonflikt belastet waren.

Hulusi Akar sagte in einem Interview, das am Dienstag bei Tageszeitung Hurriyet veröffentlicht wurde, er sei offen für einen Kompromiss, ähnlich dem, den Griechenland nach dem Kauf des älteren russischen S-300-Verteidigungssystems erzielt habe. Griechenland kaufte die russischen Raketen und stationierte sie Ende der Neunzigerjahre auf der griechischen Insel Kreta, um eine Krise zwischen der Türkei und Zypern zu entschärfen. Als S-300 auf der Insel Kreta stationiert wurde, soll das russische Abwehrsystem – von Manövern abgesehen – im Lager geblieben sein, so der türkische Verteidigungsminister.

"Es ist nicht so, als würden wir sie [S-400-Raketen] immer benutzen. Diese Systeme werden je nach Bedrohungsstatus eingesetzt. Auf dieser Grundlage werden wir Entscheidungen treffen."

Akar schlug nun ein "griechisches Modell" für den türkischen Umgang mit den S-400 vor. Man würde das Luftabwehrsystem nur "von Zeit zu Zeit aktivieren", abhängig davon, wie es um die Bedrohungen steht, so der Kern der Botschaft des türkischen Verteidigungsministers.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA würden sich kaum verbessern, wenn diese ihre Zusammenarbeit mit den Volksverteidigungseinheiten YPG in Syrien nicht einstellen, sagte zudem der türkische Verteidigungsminister. Akar fügte hinzu, dass Washingtons Behauptungen, die PKK und die YPG seien zwei verschiedene Organisationen, nicht stimmen würden. 

"Wir können in unseren Verhandlungen mit den USA eine Lösung für die S-400 finden, aber wir erwarten, dass sie die Fakten über die YPG sehen. Wenn wir keine Lösung finden können, können wir in den Beziehungen zu den USA nirgendwo hingehen."

Die PKK wird von der Türkei, der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation angesehen. Washington arbeitet seit Langem mit den YPG unter dem Namen SDF (Syrian Democratic Forces) als lokalem Partner im Kampf gegen IS-Terroristen zusammen. Die Türkei ist besorgt darüber, dass die Unterstützung der USA für die YPG den Weg für die "Terrororganisation" ebnen könnte, die laut türkischer Regierung eine größere Autonomie in den nordöstlichen syrischen Gebieten anstrebe.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte im Dezember 2020 die US-Sanktionen gegen die Türkei wegen des Erwerbs von russischen Flugabwehrsystemen S-400 mit scharfen Worten verurteilt. Ankara hatte seinerzeit den Kauf von amerikanischen Luftabwehrsystemen tatsächlich in Erwägung gezogen. Die von den USA angebotenen Bedingungen waren jedoch laut Erdoğan "ungeeignet". Dabei ging es konkret um den Preis: Die S-400-Luftabwehrkomplexe soll die Hälfte der Patriot-Systeme gekostet haben.

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