Tausende strengreligiöser Juden haben am Sonntag an einem Begräbnis in Jerusalem teilgenommen und damit gegen die Corona-Vorschriften verstoßen. Beigesetzt wurde der Rabbiner Meshulam Dovid Soloveitchik, der nach Medienberichten im Alter von 99 Jahren am Sonntag gestorben war. Er habe sich vor drei Monaten mit dem Coronavirus infiziert, hieß es. Auf Videoaufnahmen ist zu sehen, wie Tausende Ultraorthodoxe ungehindert und dicht gedrängt auf den Friedhof strömten. Viele von ihnen trugen keinen Mund-Nasen-Schutz.
Israel befindet sich derzeit im dritten Corona-Lockdown. Die Behörden sollen versucht haben, eine große Menschenansammlung zu verhindern, indem sie Straßen blockierten und Verhandlungen mit Glaubensvertretern aufnahmen, um deren Anhänger von der Teilnahme abzubringen. Laut lokalen Medien wurden 20 Busse, die zur Zeremonie fuhren, von der Polizei angehalten und zurückgewiesen.
Verteidigungsminister Benny Gantz verurteilte die Verstöße gegen den seit drei Wochen herrschenden Lockdown scharf. "So sieht eine ungleiche Umsetzung von Regeln aus", schrieb er auf Twitter zu der Massenteilnahme an dem Begräbnis. "Millionen von Familien und Kindern sind zu Hause eingeschlossen und halten sich an die Regeln, während Tausende Ultraorthodoxe sich auf einem Begräbnis drängen, die meisten auch ohne Masken." Er sei nicht bereit, der Verlängerung eines solchen "Fake-Lockdowns" zuzustimmen. Die Regeln müssten für alle oder für niemanden gelten, so der Politiker.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte die Polizei zuletzt dazu aufgerufen, gegen alle Gesetzesbrecher mit "eiserner Faust" vorzugehen. Die Regierung unter Netanjahu hatte sich in den vergangenen Jahren auch auf ultraorthodoxe Parteien gestützt. Viele Kritiker warfen dem 71-Jährigen in der Corona-Krise wiederholt vor, zu viel Rücksicht auf die Interessen von ultraorthodoxen Gläubigen zu nehmen.
Viele Ultraorthodoxe fühlen sich nicht vom Staat Israel vertreten. Sie folgen teilweise eher den Vorgaben ihrer Rabbiner als denen des Staates. Ein großer Teil der Infektionen wurde zuletzt unter Strengreligiösen verzeichnet. In ultraorthodoxen jüdischen Wohnvierteln leben häufig größere Familien auf engem Raum zusammen.
In der Nacht zum Montag wurde der Lockdown nach stundenlangen Debatten der Regierung bis kommenden Freitag verlängert. Die Menschen dürfen sich gemäß der Vorschriften nur in Ausnahmefällen mehr als 1.000 Meter von ihren Wohnorten entfernen. Der internationale Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv soll bis Sonntag für den Flugverkehr geschlossen bleiben.
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