Die Türkei und Frankreich arbeiten an einem Fahrplan zur Normalisierung ihrer Beziehungen, teilte der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Donnerstag auf einer Pressekonferenz mit seinem portugiesischen Amtskollegen Augusto Santos Silva in Lissabon mit. Er fügte hinzu, dass Ankara bereit sei, die Beziehungen zu seinem NATO-Verbündeten zu verbessern, wenn auch Paris die gleiche Bereitschaft zeige, berichtete Reuters.
Das Verhältnis zwischen der Türkei und Frankreich war aufgrund vieler Streitpunkte in der letzten Zeit höchst angespannt. Seit Entfachen des Bürgerkrieges in Libyen unterstützt die Türkei die letztlich von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung von Fayiz as-Sarradsch in Tripolis, während sich Frankreich an die Seite des libyschen Generals Chalifa Haftar stellte. Frankreich kritisiert zudem das militärische Eingreifen der Türkei in Nordsyrien und deren Offensive gegen die Kurden.
Im Streit zwischen der Türkei und Griechenland verschärfte sich im letzten Jahr der Ton. Beide Seiten fühlten sich provoziert. Griechenland bekam allerdings nun Unterstützung aus Frankreich. Präsident Emmanuel Macron nannte die Haltung Ankaras im September 2020 vor einem Gipfel der europäischen Mittelmeer-Anrainer auf Korsika "untragbar". Sowohl Griechenland als auch die Türkei erheben Ansprüche auf Gebiete im östlichen Mittelmeer, in dem Öl- und Gasvorkommen vermutet werden. Hinzu kam der Streit zwischen Frankreich und der Türkei um die Wiederveröffentlichung von Mohammed-Karikaturen im Satiremagazin Charlie Hebdo. Paris hat die jüngsten EU-Sanktionen gegen die Türkei mittlerweile vorangetrieben.
Çavuşoğlu erklärte beim Treffen mit seinem portugiesischen Amtskollegen, dass die jüngsten Spannungen zwischen den beiden NATO-Verbündeten seit der türkischen Offensive 2019 in Nordostsyrien gegen die kurdische Milizeinheiten (YPG) auf die Franzosen zurückzuführen seien. Die Türkei sei nicht gegen Frankreich, aber Frankreich sei seit der Operation Friedensquelle (Türkisch: Barış Pınarı Harekâtı) "kategorisch" gegen die Türkei, so der türkische Außenminister. Ankara betrachtet die YPG als eine terroristische Organisation, die mutmaßlich mit kurdischen Militanten auf ihrem eigenen Boden verbunden ist.
Nach monatelangen Spannungen zwischen beiden Ländern diskutierten der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Frankreichs Präsident Macron über ihre Differenzen in einem Telefonat im September 2020 und einigten sich darauf, die gemeinsamen Beziehungen zu verbessern.
Mehr zum Thema - Osmanische Nostalgie: Erdoğan verkündet eine neue Ära für die Türkei