Zum ersten Jahrestag der Ermordung vom iranischen General Soleimani verschärft sich wieder den Ton zwischen den USA und der Islamischen Republik Iran. Man werde bei Angriffszielen im Falle eines möglichen Krieges keinen Unterschied machen zwischen US-Militärstützpunkten in der Region und den arabischen Ländern, in denen US-Militärbasen stationiert sind, erklärte der Befehlshaber der Luftstreitkräfte der iranischen Revolutionsgarde Amir Ali Hajizadeh:
"Wenn in der Region ein Krieg ausbricht, werden wir nicht zwischen US-Stützpunkten und deren Stationierungsstaaten unterscheiden. Natürlich werden dabei die arabischen Länder in der Region die Hauptlast tragen."
Die USA haben Stützpunkte und Personal in Bahrain, Katar, Saudi-Arabien, Kuwait, den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Oman und im Irak.
Der scheidende US-Präsident Trump ordnete vor Kurzem den Abzug der "Mehrheit" der US-Streitkräfte aus Somalia an. Viele iranische Experten spekulieren dennoch, Trump sehe einen Militäranschlag gegen Iran als letzte Chance, um seine Niederlage bei den US-Präsidentschaftswahlen noch rückgängig zu machen, indem er einen Kriegszustand herbeiführen könne. Nicht zuletzt deswegen wies Iran seine Verbündeten im Nahen Osten in den vergangenen Wochen an, in "höchster Alarmbereitschaft" zu sein und Spannungen mit den USA zu vermeiden.
Unter dem Druck seiner wichtigsten Verbündeten im Nahen Osten – nämlich Israels und Saudi-Arabiens – sei es möglich, dass Trump Maßnahmen gegen Iran in den verbleibenden Tagen seiner Amtszeit ergreift, sagte Danny Postel, stellvertretender Direktor des Zentrums für internationale und regionale Studien an der Northwestern University in Illinois, USA.
"Trump ist in einem Endspielszenario ein sehr verwundetes und in die Enge getriebenes Tier. Er hat noch ein paar Wochen Zeit und wir wissen, dass er zu extrem unberechenbarem Verhalten fähig ist ", sagte Postel gegenüber Al Jazeera in einem Interview.
Iran warf vor wenigen Tagen dem US-Präsidenten Trump vor, er suche nur einen Vorwand, um am Persischen Golf einen Krieg gegen Iran zu beginnen.
"Geheimdienstinformationen aus dem Irak deuten darauf hin, dass israelische Agenten als Provokateure Anschläge gegen (US-)Amerikaner planen, um damit dem scheidenden Trump mit einem vorgetäuschten Kriegsgrund in die Zwickmühle zu bringen," twitterte der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.
Der israelische Energieminister Yuval Steinitz dementierte Sarifs Aussage im Gegenzug am Sonntag und nannte diese "totalen Nonsens".
Ein Jahr nach dem Mord an Soleimani drohen weiterhin iranische Politiker und Generale mit Rache:
"Diejenigen, die bei diesem Attentat und Verbrechen eine Rolle gespielt haben, werden auf der Erde nicht sicher sein", sagte der oberste Chef der iranischen Justiz Ebrahim Raisi bei einer Gedenkveranstaltung in der Universität der Hauptstadt Teheran. Raisi richtete seine Drohungen auch in Richtung von US-Präsident Donald Trump:
"Gehen Sie nicht davon aus, dass jemand wie der amerikanische Präsident, der als Mörder aufgetreten ist oder einen Mord angeordnet hat, davor gefeit ist, dass Gerechtigkeit vollstreckt wird."
"Sie werden grausame Rache erleben. Was bisher gekommen ist, war nur ein Vorgeschmack darauf", fügte Raisi mit Blick auf die USA hinzu. Der Nachfolger des ermordeten Soleimani als Chef der Quds-Einheit der Revolutionsgarde, Brigadegeneral Esmail Qaʾani, schwor ebenfalls Rache.
Der Sprecher der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) Brigadegeneral Hidai Zilberman sagte unlängst der saudischen Onlinezeitung Elaph, dass Israel Teherans Bewegungen in der Region beobachtet und erwarte, dass ein iranischer Angriff aus dem Irak und dem Jemen kommen könne.
Irans Religionsführer Ali Chamenei hatte bereits all jenen gedroht, die in die Ermordung des iranischen Generals verstrickt seien. Die Rache für die Ermordung Soleimanis werde sich gegen diejenigen Funktionäre richten, die den Mord angeordnet und begangen hätten, und diese Rache werde zum frühestmöglichen Zeitpunkt erfolgen, sagte Chamenei seinerzeit. Er stellte aber fest, die "wahre Rache" für die Ermordung Soleimanis werde der vollständige Rückzug der US-Truppen aus dem Nahen Osten sein, hieß es auf Press TV.
Die Eskalationsspirale zwischen Iran und den USA wurde durch die Ermordung des iranischen Generals Soleimani am 3. Januar 2020 angeheizt, als der General nach seiner Ankunft im Irak auf Befehl von US-Präsident Trump unter Einsatz einer Drohne vom US-amerikanischen Militär im Irak ermordet worden war. Die Iraner feuerten daraufhin Raketen auf einen von den USA genutzten Militärstützpunkt im Westirak ab.
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