Nach Aufhebung des UN-Waffenembargos: Iran meldet sich als Waffenexporteur zurück

Iran verfügt über eine große eigenständige Rüstungsindustrie und führte bereits mit vielen Ländern Verhandlungen über Waffenexporte. Das Land ist in einigen Rüstungsbereichen jedoch abhängig von Importen. Die Aufhebung des UN-Embargos könnte indes ein Wettrüsten auslösen.

Iran hat am 18. Oktober das Ende des Waffenembargos durch den UN-Sicherheitsrat verkündet. Teheran begrüßte die neue Entwicklung als diplomatischen Sieg über seinen Erzfeind, die Vereinigten Staaten, die versucht hatten, den Waffenverkauf auf unbestimmte Zeit einzufrieren. Nun kann Iran Rüstungsgüter aus Ländern wie Russland und China importieren und eigene Güter an weitere Länder exportieren. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nahm bereits Stellung zur Aufhebung des Waffenembargos gegen die Islamische Republik. "Ab heute enden alle Beschränkungen des Waffenhandels", erklärte das iranische Außenministerium. "Damit kann Iran wieder alle erforderlichen militärischen Ausrüstungen im- und exportieren." In einem Tweet erklärte Sarif, dass die Normalisierung der iranischen Verteidigungskooperation mit der Welt ein Gewinn für den Multilateralismus, den Frieden und die Sicherheit in der Region sei.

US-Außenminister Mike Pompeo warnte daraufhin vor Waffengeschäften mit Iran. Er erinnerte daran, dass die infolge des internationalen Atomabkommens von 2015 ausgesetzten UN-Sanktionen gegen Iran wieder gültig seien. Am Sonntag versprach der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz zudem, "alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Iran am Kauf von Waffen zu hindern". Die Wiedereinsetzung der Sanktionen erklärte Washington bereits im September in einem umstrittenen Alleingang. Die große Mehrheit des UN-Sicherheitsrats war seinerzeit jedoch anderer Meinung. Das internationale Atomabkommen (JCPOA) beinhaltet einen Mechanismus für Mitglieder des Abkommens zur Rückkehr zu Sanktionen. Die USA stiegen jedoch 2018 aus dem Atomdeal aus. Insofern war die Wiedereinsetzung der Sanktionen vonseiten der US-Amerikaner illegal. 

Mit dem Auslaufen des Waffenembargos gegen Iran kann der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen den Kauf oder Verkauf konventioneller Waffen, darunter Panzer, Raketen und Kampfjets, nicht mehr boykottieren. Die USA drohten mittlerweile mit Sekundärsanktionen gegen jene Länder, die mit Iran Waffengeschäfte eingehen. Trotz der US-Drohungen halte Iran es für rechtmäßig, im Einklang mit seinen Verteidigungsbedürfnissen einen legitimen Waffenhandel zu betreiben, sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums. Das russische Außenministerium erklärte bereits im September, dass Russland keine Angst vor möglichen US-Sanktionen gegen Waffengeschäfte mit Iran habe. "Wir haben keine Angst vor US-Sanktionen, wir sind an sie gewöhnt", sagte der stellvertretende russische Außenminister Sergei Rjabkow der Nachrichtenagentur TASS. "Dies wird unsere Politik in keiner Weise beeinflussen. Unsere Zusammenarbeit mit Iran ist vielfältig, die Verteidigungszusammenarbeit wird je nach den Bedürfnissen und der gegenseitigen Bereitschaft der beiden Länder voranschreiten." Nach Ablauf des UN-Waffenembargos seien Iran und Russland bereit, ihre Verteidigungszusammenarbeit zu stärken, sagte Kasem Dschalali, der iranische Botschafter in Russland. Die beiden Länder hätten einen Plan zur Stärkung ihrer militärischen Zusammenarbeit ausgearbeitet. Im Westen jedoch besteht die Sorge, dass iranische Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 2.000 bis 2.200 Kilometern jeden Teil Israels treffen könnten. Außenminister Sarif hält dagegen, dass Iran in den letzten 300 Jahren kein Land angegriffen habe.

Iran verfügt selbst über eine große eigenständige Rüstungsindustrie und produziert seit Jahren Kurz- und Mittelstreckenraketen, Abwehrsysteme, Drohnen, Schnellboote etc. Die Islamische Republik belieferte bislang seine Verbündeten in der Region mit Rüstungsgütern. Syrien und Iran unterzeichneten im Juli ein entsprechendes Militärabkommen in Damaskus, wonach Iran die syrische Luftabwehr stärken soll. Iran soll bereits Luftverteidigungssysteme in Syrien stationiert haben, um damit israelische Angriffe auf Ziele in Syrien abzufangen. Nach UN-Angaben feuerten Huthi-Rebellen in der Vergangenheit Raketen iranischer Herstellung auf Saudi-Arabien ab. Es konnte jedoch nicht geklärt werden, ob diese Waffen von Iran geliefert worden waren. Nun erklärte der iranische Verteidigungsminister Amir Hatami, Iran habe in den vergangenen Jahren Verhandlungen mit vielen Ländern über Waffenexporte geführt. Die Islamische Republik gehöre zu den fünf oder sechs größten Mächten der Welt in der Drohnentechnologie. Die von Iran hergestellten Verteidigungsprodukte seien effizient und würden zu "vernünftigen Preisen" verkauft, so Hatami.

Gleichzeitig ist Iran in einigen Rüstungsbereichen abhängig von Importen. Die iranische Armee müsse dringend umgerüstet werden. Laut Military Watch bezweckt Iran, seine gesamte Flotte von Kampfflugzeugen zu erneuern. Teheran erklärte sich bereit, die in Russland hergestellten Suchoi Su-30SM2, Mikoyan MiG-35 und die Kampfhubschrauber Mil Mi-35- oder Kamow Ka-52 zu kaufen. Im syrischen Bürgerkrieg fehlte Iran eine modernisierte Rüstung im Bereich der Luftverteidigung, um Bodenziele konsequent aus der Luft mit Kampfflugzeugen zu bekämpfen. Dies war unter anderem ein entscheidender Grund, dass Iran und der syrische Präsident Baschar al-Assad Russland gebeten hatten, sich militärisch gegen Terrorismus in Syrien zu engagieren.

Es gibt allerdings – unabhängig von den US-Drohungen – Hindernisse für die Wiederaufrüstungspläne Irans. Der leitende Forscher am Institut für Orientalistik der Russischen Akademie der Wissenschaft, Wladimir Sazhin, wies auf drei Faktoren hin, die zur Schwächung der iranischen Wirtschaft führten, darunter US-Sanktionen, die rückläufige wirtschaftliche Entwicklung aufgrund der COVID-19-Pandemie und der Rückgang der Ölpreise. Die Aufhebung des Waffenembargos gegen Iran könnte allerdings ein Wettrüsten auslösen und die Spannungen im Nahen Osten eskalieren lassen. Ein möglicher Machtwechsel in den Vereinigten Staaten nach der US-Präsidentenwahl im November könnte die Wiederaufrüstungsbemühungen der Islamischen Republik beeinflussen. Biden erklärte bereits, dass er im Falle eines Wahlsieges wieder zum Atomabkommen zurückkehren wolle, während Trump neue Verhandlungen über das Atomprogramm Irans fordert. Iran erklärte, dass das Land sich nicht vom Ergebnis der US-Wahl beeindrucken lasse. Es bleibt dennoch die Frage, mit welchem zukünftigen US-Präsidenten der Westen erneut eine "Einigung" gegen die neue Ausrüstung Irans erzielen könnte, während Waffengeschäfte zwischen dem Westen und Saudi-Arabien ungehemmt weiterlaufen.

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