Der Libanon brauche "tiefgreifende wirtschaftliche Reformen", heißt es in dem Statement des deutschen Außenministers Heiko Maas schon vor seiner Reise in den Libanon. Dort sagte er dann auch:
Es gibt nicht viel in diesem Land, was bleiben kann, wie es ist.
Der libanesische Staatspräsident Michel Aoun hat inzwischen erklärt, der Wiederaufbau Beiruts nach der verheerenden Lagerexplosion im Hafen von Beirut, bei der über 170 Menschen ums Leben kamen und Tausende verletzt wurden, würde über 15 Milliarden Dollar (rund 12,7 Milliarden Euro) kosten. Diese Summe könnte nur unter gewissen Bedingungen an den Libanon gezahlt werden, sagte Maas.
Ich glaube nicht, dass die internationale Staatengemeinschaft bereit ist, in dieses Land zu investieren, wenn es nicht Reformen gibt, wenn es für diese Investitionen nicht auch Sicherheit gibt.
Nötig seien Rechtssicherheit, Rechtsstaatlichkeit und Wirtschaftsreformen, so Maas weiter. Er forderte: "Die politische Elite in diesem Land muss umdenken." Er rief die "maßgeblichen Kräfte des Landes" zu Reformen auf, von einem "Systemwandel" bzw. "Machtwechsel" sprach er jedoch nicht.
Im Deutschlandfunk sagte der CDU-Europapolitiker Elmar Brok, Außenminister Maas habe ja auch zu Recht gesagt, man müsse prüfen, an welche Stellen das deutsche Geld dort fließen könne. Er sehe dort keine einzige Struktur, die dieses in vernünftiger Weise ausgeben würde – es sei denn, man mache das durch Nichtregierungsorganisationen.
Er warnte andererseits vor dem großen Einfluss der schiitischen Hisbollah-Miliz:
Eigentlich müsste man sagen, aber das ist wahrscheinlich eine sehr hoffnungslose Forderung, dass die Hisbollah sich entwaffnen muss. Sie müssen sehen, dass der Hafen, in dem die Explosion stattgefunden hat, im Wesentlichen in den Händen der Hisbollah ist.
Es hätte im Libanon eine Machtstruktur gegeben, die "früher als sehr vorbildlich angesehen wurde". Die Christen hätten nur eine Chance, dort zu überleben, wenn die Machtstruktur dieses mit berücksichtige.
Deswegen ist der Staatspräsident immer ein Christ. Die Sunniten stellen den Regierungschef, die Schiiten stellen den Parlamentspräsidenten. Und wir müssen sehen, dass es dazu zusätzlich die Hisbollah gibt, die die eigentlichen Machtinhaber dieses Landes sind. Denn von allen Bürgerkriegsparteien hat die Hisbollah ihre Waffen nicht abgegeben, sodass die Armee völlig einflusslos im Land ist", so Brok.
Während die Ermittlungen zur Ursache der Katastrophe andauern, ist heute Vormittag das libanesische Parlament zusammengetreten. Die führenden politischen Parteien sind nach dem Rücktritt der Regierung unter Hassan Diab nun auf der Suche nach einem neuen Ministerpräsidenten.
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