Naftali Bennet, israelischer Verteidigungsminister, hat ein Dokument unterschieben, welches der jüdischen Siedlung Efrat 91 Hektar Land auf der Westbank zuweist. Es handelt sich um Land, das in einem 20 Jahre langen Rechtsstreit den Palästinensern abgerungen wurde. Somit kann das israelische Ministerium für Behausung und Wohnungsbau mit der Errichtung von Häusern beginnen. Wohnraum für 7.000 Familien ist geplant, schreibt die israelische Zeitung Haaretz.
Naftali Bennet twitterte sichtlich stolz:
Heute habe ich den Bau von Tausenden neuen Wohneinheiten in Efrat, im Siedlungsblock Gush Etzion, bewilligt. Ich habe das Verteidigungsministerium angehalten, die Siedlerbewegung auch weiterhin entschlossen zu stärken. Der Siedlungsbau darf nicht für eine Sekunde an Geschwindigkeit verlieren.
Die Zuweisung des Gebiets als Bauland für Siedlungen erfolgte nach einem erneuten Signal aus Washington, die De-facto-Besatzung und -Annexion von palästinensischem Land durch Israel bedingungslos unterstützen zu wollen. US-Außenminister Mike Pompeo plant, Israel in der kommenden Woche eine Visite abzustatten. Hiermit wolle er sein politisches Gewicht in die Waagschale zugunsten Netanjahus bei dessen Bemühungen um eine Koalitionsbildung werfen, analysiert Al Jazeera.
Die palästinensische Führung verurteilt alle jüdischen Siedlungen, da sie unter anderem den kompletten Gazastreifen, den Israel im Zuge des Sechstagekriegs im Jahr 1967 besetzte, für einen wichtigen Teil ihres zukünftigen Staatsgebietes erachtet. Viele Staaten weltweit erachten die israelische Siedlungspolitik als völkerrechtswidrig, verstößt sie doch gegen gültige Resolutionen der Vereinten Nationen. So verbietet zum Beispiel die UN-Resolution 2334 aus dem Jahr 2016 ausdrücklich den Bau israelischer Siedlungen auf besetzten Gebieten.
Das türkische Außenministerium sieht in der jüngsten Vorgehensweise Israels "eine Fortsetzung der Politik der Besatzung und der Unterdrückung", zitiert die Nachrichtenagentur Anadolu Agency.
Ungleicher Kampf auf verlorenem Posten
Die palästinensische Führung machte Israel die Erklärung dieses Landes zu israelischem Staatsbesitz bereits vor Gericht streitig: Palästinenser nutzten dieses Land die ganze Zeit landwirtschaftlich. Darum ist weder seine Erklärung zu israelischem Staatsbesitz noch die Zuweisung zu Efrat rechtens. Ein Berufungskomitee gab im Jahr 2016 der Klage statt, allerdings lediglich bezüglich 8,3 von insgesamt 91 Hektar Land. Ende April gingen die Palästinenser nun erfolglos aus ihrem gerichtlichen Kampf hervor, das gesamte Land, wenn es schon zu israelischem Staatsgebiet erklärt wurde, ihnen zuweisen zu lassen. Die Organisation Peace Now kündigte an, hiergegen beim Höchsten Gericht Israels Berufung einlegen zu wollen.
Besiedlung annektierten Landes heftig kritisiert
Die aktuelle Entwicklung sieht der palästinensische Diplomat Saeb Erekat als Teil eines großen Plans der USA und der Trump-Regierung, der sich im Januar 2020 im von Trump vorgelegten sogenannten Jahrhundertdeal manifestierte:
Der Annexionsplan der Trump-Regierung stützt alles, wofür das rechtswidrige Unterfangen Israels zum kolonisatorischen Siedlungsbau steht: Ein rassistisches Narrativ, Verstöße gegen das Völkerrecht und stetiges Leugnen der Rechte der Palästinenser.
Noch schärfer urteilte die Arabische Liga Ende April. Al Jazeera zitiert:
Die Umsetzung von Plänen zur Annexion eines jeglichen Teils der seit 1967 besetzten palästinensischen Gebiete, einschließlich des Westjordanlandes und der Gebiete, auf denen die israelischen Siedlungen stehen, stellt ein neues Kriegsverbrechen dar, das gegen das Volk Palästinas begangen wird.
Beim Treffen der Liga erklärte Palästinas Außenminister Rijad al-Malki, eine solche Umsetzung würde "der Zweistaatenlösung ein Ende setzen".
Nach Vorlage des sogenannten "Jahrhundertdeals" durch Donald Trump wurden in Ostjerusalem und im Westjordanland allein im Februar 9.000 Häuser errichtet, so Anadolu Agency.
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