"Bereit sein, für Deutschland zu sterben" – Konservative Parteien fordern Rückkehr zur Wehrpflicht

Wenige Tage nach der Neuwahl verschärft sich ausgehend von den jüngsten Ereignissen in Washington der Ton aus den Kreisen der Unionsparteien und der AfD zum Thema einer Rückkehr zur Wehrpflicht. Der AfD-Politiker Bernd Baumann formuliert dabei unmissverständliche Forderungen.

Die Wehrpflicht in Deutschland wurde im Jahr 2011 durch das verantwortliche Kabinett Merkel II ausgesetzt, eine Koalition von CDU/CSU und FDP. Laut einem Bild-Artikel vom 4. März fordern die Unionsparteien eine baldige Rückbesinnung auf eine verpflichtende Wehrzeit. Bernd Baumann, der frisch gekürte erste parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, erklärte in einem ZDF-Interview, dass "der Wehrwille" bei jungen Menschen im Land eindeutig wieder mehr gefördert werden müsse.

Der verteidigungspolitische Sprecher der CSU Florian Hahn wird in dem Bild-Artikel mit der Forderung zitiert:

"Die Aussetzung der Wehrpflicht passt nicht mehr zur aktuellen Gefährdungslage. Noch im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen durch die Kasernentore schreiten. Wir können ja nicht teilnahmslos zuschauen, wie die Welt um uns unsicherer wird."

Der Unionschef und potenzielle zukünftige Kanzler Friedrich Merz hatte bereits im Wahlkampf "das Konzept seiner Partei bekräftigt, eine Kontingent-Wehrpflicht und ein Pflicht-Gesellschaftsjahr einzuführen",berichtete die Zeit im November 2024. Im Artikel heißt es weiter:

"Die CDU hatte auf ihrem Parteitag im Mai [2024] vor dem Hintergrund der Personalnot der Bundeswehr eine Wende ihrer bisherigen Politik angekündigt. Die Partei will die Aussetzung schrittweise zurücknehmen und die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen. Zur Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr fordert die CDU bis zur Umsetzung dieses Vorhabens die Einführung einer sogenannten Kontingent-Wehrpflicht."

Anfang März 2025 erklärt nun der verteidigungspolitische CSU-Sprecher, das Land brauche "jetzt eine glaubwürdige Abschreckung durch wehrwillige und wehrpflichtige Staatsbürger in Uniform". Die Bild-Redaktion unterstützt die Gedanken einleitend mit der Erklärung:

"Die Nato-Staaten können sich nicht mehr auf Präsident Donald Trump und die militärische Unterstützung der USA verlassen – erst recht nicht nach den aggressiven Attacken der USA auf die Ukraine und Europa."

Für die geplante, anvisierte Einsatzgröße "von 203.000 Soldaten fehlten der Bundeswehr weiter rund 20.000 Männer und Frauen". Patrick Sensburg, Chef des Reservistenverbandes und langjähriger CDU-Bundestagsabgeordneter, unterstützt die Idee der sofortigen Reaktivierung der Wehrpflicht. So erklärt er "unterstützend" zur Forderung aus den Kreisen der Union:

"Mindestens 20.000 Wehrpflicht müssen wir am Ende des Jahres schon einberufen. Wir können dies auch mit der vorhandenen Infrastruktur und den bereits existierenden Ausbildungskapazitäten. Schritt für Schritt müssen wir die Wehrpflicht dann auf den ganzen Jahrgang ausdehnen. Sie muss dann auch für Frauen wie für Männer gelten."

Die juristische Online-Seite Legal Tribune Online (LTO) erklärt zu den gesetzlichen Vorgaben und Notwendigkeiten zum Thema als Reaktion auf eine entsprechende Wahlkampfankündigung von AfD-Chefin Alice Weidel im ZDF

"Um die Wehrpflicht in Friedenszeiten zu reaktivieren, müsste man zunächst § 2 des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) ändern. Hier war 2011 die Passage aufgenommen worden: 'Die §§ 3 bis 53' – das ist praktisch das gesamte Gesetz – 'gelten im Spannungs- oder Verteidigungsfall'. Das war eine Einschränkung: In Friedenszeiten gilt sie nicht. Will man das ändern, müsste man diese Passage also wieder streichen."

Weidel hatte in dem Fernsehinterview geäußert, dass für sie eine verpflichtende Länge von "zwei Jahren" durchaus realistisch seien. "Wir sind nicht mehr fähig zur Landesverteidigung", bemängelte sie in der Wahlkampfsendung Schlussrunde. Zudem diene der Wehrdienst "auch der Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Armee". Im LTO-Artikel wird dazu an die Entwicklungen in der alten Bundesrepublik bis zur Gegenwart erinnert:

"Damit würde die Dauer des Grundwehrdienstes das bisherige Höchstmaß aus den 60er Jahren um ein halbes Jahr überschreiten. Ab Anfang der 70er Jahre war dieser Wert immer weiter reduziert worden, hatte 1990 bis 1995 bei einem Jahr gelegen und 2011 zuletzt nur noch sechs Monate betragen."

Kurz nach ihrer Fernsehäußerung hatte Weidel dann ihre Vorstellungen auf "einen 10-monatigen Grundwehrdienst sowie zusätzlich maximal ein Jahr Dienst in Reserve, der nicht am Stück abgeleistet werden muss", revidiert. Wesentlich härtere Worte fand der AfD-Bundestagsabgeordnete Bernd Baumann zu einer "Reaktivierung der Wehrpflicht". So erklärte Baumann wörtlich in einem aktuellen ZDF-Interview:

"Deutschland ist das Herz Europas, wirtschaftlich, technologisch, industriell. Ohne ein starkes Deutschland gibt es kein starkes Europa, also müssen wir die Bundeswehr aufrüsten; und das reicht nicht, wenn man ein paar Milliarden da reinsteckt. Da muss auch der Wehrwille wieder da sein." 

Baumann führt wörtlich weiter aus:

"Die Soldaten müssen bereit sein, auch für Deutschland zu sterben, und das geht nicht, wenn man das Vaterland zum Kotzen findet wie Robert Habeck und die Links-Grünen."

Die Bundeswehr müsse daher "moralisch, militärisch, finanziell auf neue Beine gestellt werden", so Baumann ausführend. André Wüstner, der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, teilte dem dem Springer-Verlag zugehörigen Nachrichtensender WELT TV mit, dass für ihn aktuell "zu Recht gefordert wird, die Wehrpflicht wieder einzuführen". Wüstner wörtlich:

"Ohne eine Art neue Wehrpflicht werden wir die Gewinnung und Bindung des Personals, das wir brauchen, nicht schaffen. Die CSU hat recht, wir müssen in diesem Jahr beginnen. Sonst droht die Gefahr, dass wir im nächsten Jahr personell implodieren."

Diese Feststellung beruht auf der Information, dass laut dem Bundeswehrverbandsvorsitzenden die Truppe aktuell "personell enorme Probleme" habe. Allerdings sei eine mögliche Wehrpflicht auch "kein Allheilmittel" gegen Personalnot bei der Bundeswehr, so Wüstner. Parallel brauche es auch "attraktivere Arbeitszeitmodelle und bessere Bezahlung".

Bereits im November des Vorjahres hatte das alte Bundeskabinett Plänen des aktuell kommissarischen SPD-Verteidigungsministers Boris Pistorius für einen "Neuen Wehrdienst" zugestimmt. So informiert die Website "Soldat und Technik":

"Der damaligen Planung zufolge sollten nach parlamentarischer Befassung ab Frühjahr 2025 alle 18-jährigen Männer mit deutscher Staatsbürgerschaft angeschrieben und verpflichtet werden, einen Fragebogen zur Eignung und Bereitschaft für den Dienst in der Bundeswehr auszufüllen. Frauen sollten sich freiwillig beteiligen können."

Mehr zum Thema – Aufrüsten bis an die Zähne: Kriegstreiber planen gigantisches Sondervermögen