"China ist Werkzeug Putins" – Selenskij buhlt mit antichinesischer Rhetorik um Südostasien

Der ukrainische De-Facto-Präsident Wladimir Selenskij reist derzeit viel um die Welt, um sich die Unterstützung für den sogenannten "Friedensgipfel" im schweizerischen Bürgenstock zu sichern. Dabei schreckt er auch nicht vor den Methoden eines Marktschreiers zurück.

Wladimir Selenskij nahm am Sonntag an einer hochrangig besetzten Sicherheitskonferenz mit Regierungsvertretern aus dem Indopazifischen Raum teil. Die vom Londoner International Institute of Strategic Studies (IISS) veranstaltete Konferenz The Shangri-La Dialogue unter dem Titel "Re-Imagining Solutions for Global Peace and Regional Stability" (Nachdenken über Lösungen für Weltfrieden und Regionale Sicherheit) fand vom 31. Mai bis 2. Juni in Singapur statt. Selenskij kam zum letzten Panel der Konferenz als "Überraschungsgast", hielt eine Rede und nahm an der Abschlussdiskussion teil. Im Anschluss gab es eine Pressekonferenz.

Während der Veranstaltung ließ Selenskij erkennen, dass es das Hauptziel seiner Visite war, die Länder dieser Region von der Teilnahme am sogenannten "Friedensgipfel" zu überzeugen. Das umstrittene Treffen findet am 15. und 16. Juni im Schweizer Kurort Bürgenstock ohne Teilnahme Russlands und Chinas statt. In Singapur warf Selenskij China "Störversuche" vor. 

So behauptete der ukrainische De-Facto-Präsident, dass China Russland dabei helfe, den Friedensgipfel in der Schweiz zu "sabotieren". Er forderte die Länder im asiatisch-pazifischen Raum auf, "ihr Engagement für den Frieden zu zeigen", indem sie an dem Gipfel zur Lösung des Konflikts in der Ukraine teilnehmen. "Russland nutzt den chinesischen Einfluss in der Region und setzt auch chinesische Diplomaten ein und tut alles, um den Friedensgipfel zu blockieren", sagte Selenskij während der Pressekonferenz. Und er fügte hinzu:

"Leider ist so ein großes und unabhängiges Land wie China ein Werkzeug in Putins Händen."

Auch warf er der Regierung in Peking faktisch eine militärische Unterstützung Moskaus vor, indem China Russland Waren mit doppeltem Verwendungszweck liefere. "Es gibt sicherlich Elemente, die Teil der russischen Waffensysteme sind und aus China stammen", erklärte er. 

Der ukrainische Machthaber, dessen Legitimität nach dem Ende seiner Legislaturperiode am 20. Mai nach ukrainischer Verfassung erloschen ist, gab bekannt, dass bisher 106 Nationen ihre Teilnahme an der Konferenz am 15. und 16. Juni in der Schweiz bestätigt hätten. Russland warf er eine Strategie der Einschüchterung vor.

"Was Russland tut … es reist in viele Länder auf der ganzen Welt, droht ihnen mit der Blockade von Agrargütern und Nahrungsmitteln, es verbreitet die Angst, dass die Energiepreise steigen, und es drängt Staaten auf der ganzen Welt, nicht dabei zu sein", behauptete Selenskij.

Für seine Anschuldigungen gegen Russland legte er indes keinerlei Belege vor. Streng gemäß dem westlichen Propaganda-Narrativ warf er Russland vor seinen asiatischen Zuhörern Vergewaltigungen von Frauen, die Verschleppung "zehntausender" ukrainischer Kinder und die Verminung des AKW "Saporoschje" vor. In seinem Redebeitrag ließ er durchblicken, wie das von ihm gewünschte Endergebnis der Konferenz auszusehen hat. 

Er sagte, der Gipfel sei notwendig, damit sich eine "globale Mehrheit" auf ein "gemeinsames Verständnis und Schritte" zur Beendigung des Konflikts in der Ukraine einigen könne. Die betreffenden Parteien würden dies Russland übermitteln und ein Ergebnis ähnlich der Getreide-Initiative anstreben.

Der sogenannte Getreide-Deal war im Sommer 2022 abgeschlossen worden. Er sollte die Ausfuhr von ukrainischem Getreide aus ukrainischen Häfen in die notleidenden Regionen der Welt ermöglichen. Russland warf dem Westen bei der Umsetzung des Abkommens Täuschung vor und kündigte die Vereinbarung im Sommer 2023 auf. Als Grund dafür führte Moskau an, dass ein Großteil des ukrainischen Getreides anstatt in Entwicklungsländer in die EU gelangte.

Auch der chinesische Verteidigungsminister Dong Jun nahm am The Shangri-La Dialogue teil. Er teilte mit, dass sein Land darauf achte, weder Russland noch die Ukraine zu unterstützen: "In der Ukraine-Krise hat China die Friedensgespräche mit einer verantwortungsvollen Haltung gefördert", sagte er vor Journalisten am Samstag. 

"Wir haben niemals Waffen an eine der Konfliktparteien geliefert. Wir haben strenge Kontrollen für die Ausfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck eingeführt und nie etwas getan, um die Flammen zu schüren", versicherte Dong Jun.

Am Rande der Konferenz trafen sich Selenskij und sein Verteidigungsminister Rustam Umerow mit US-Verteidigungsminister Lloyd Austin für ein einstündiges Gespräch. Austin informierte Selenskij über die militärische Unterstützung Washingtons für Kiew und "bekräftigte während des Treffens die Zusage der USA, die starke Unterstützung aufrechtzuerhalten", sagte nach dem Treffen ein Pentagon-Beamter laut der Nachrichtenseite Euroaktiv, der wegen der Sensibilität der Angelegenheit anonym bleiben wollte.

Auf der Social-Media-Plattform X teilte Selenskij mit, er habe auch den designierten indonesischen Präsidenten Prabowo Subianto, eine Delegation des US-Kongresses und den Präsidenten von Osttimor, José Ramos-Horta, getroffen. Der ehemalige Verteidigungsminster Subiante hatte im März 2024 die Wahlen in Indonesien gewonnen und wird im Oktober das Amt des Präsidenten antreten.

Indonesien hatte im letzten Jahr eine eigene Friedensinitiative zur Regulierung des Ukraine-Konflikts vorgeschlagen. In seinem Redebeitrag beim Shangri-La Dialogue teilte Subianto mit, dass der indonesische Plan auch weiterhin aktuell sei. Ihm zufolge müsse sich die UNO in der Ukraine stärker engagieren und unter der Aufsicht der Vereinten Nationen eine Sicherheitszone schaffen.

Indonesien ist das Land mit der weltweit größten muslimischen Bevölkerung und nimmt international propalästinensische Positionen ein. In Singapur teilte Selenskij überraschend mit, dass die Ukraine Palästina als unabhängigen Staat anerkennen wird. Er rief beide Seiten des Konflikts im Gaza-Krieg zu einer Beendigung der Feindseligkeiten auf. Bisher hatte Kiew einen streng proisraelisch Kurs verfolgt. Die Änderung dieser Position hat nach Einschätzung von Beobachtern mit den diplomatischen Bemühungen der Ukraine zu tun, die neutralen muslimischen Länder im Konflikt mit Russland auf ihre Seite zu ziehen. 

Am Montag setze Selenskij seine Tour durch Südostasien fort und traf sich in der philippinischen Hauptstadt Manila mit dem Präsidenten des Landes, Ferdinand Marcos Jr. Er bedankte sich bei dem philippinischen Staatschef für seine Unterstützung "der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine, für seine klare Position zur russischen Aggression gegen unser Land und für seine Unterstützung wichtiger UN-Resolutionen", wie ukrainische Medien mitteilten. 

Marcos nimmt proamerikanische und chinakritische Positionen ein. Während des Shangri-La-Dialogue zeigte er mit dem Finger auf die "aggressiven" Manöver Chinas im philippinisch-chinesischen Territorialstreit im Südchinesischen Meer. Während des Staatsempfangs für Selenskij sicherte er ihm die Teilnahme am Ukraine-Gipfel in der Schweiz zu.

Offenbar kann der ukrainische De-Facto-Präsident bei solchen Politikern wie dem philippinischen Staatschef mit seiner antichinesischen Rhetorik gut punkten. Der Schaden für das ukrainische Verhältnis zu China auf längere Sicht, den die Demarche Selenskijs in Singarur angerichtet hat, dürfte jedoch weitaus größer sein als der kurzfristige diplomatische Nutzen. 

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