Von Pepe Escobar
Der Krieg gegen Syrien ist aus dem kollektiven westlichen Gedächtnis verschwunden. Doch er ist noch lange nicht vorbei. Viele Menschen in der globalen Mehrheit empfinden möglicherweise größtes Mitgefühl für die Syrer, räumen jedoch ein, dass nicht viel getan werden kann, während die westliche Minderheit sich weigert, die Bühne zu verlassen.
Parallel dazu sind die Chancen gering, dass die New Development Bank (NDB) – die Bank der BRICS – Damaskus mit Krediten für den Wiederaufbau Syriens überhäufen wird. Zumindest vorläufig noch nicht, trotz aller Hilfszusagen aus Russland und China.
Mit dem lahmen Vorwand, "die Position des IS zu schwächen", gibt das US-Außenministerium de facto zu, dass die illegale Besetzung eines Drittels des Territoriums Syriens durch das US-Imperium – jener Teil des Landes, der reich an Öl und Mineralien ist, das derzeit gestohlen und aus dem Land geschmuggelt wird – und das dies auf unbestimmte Zeit andauern wird.
Ein Hinweis auf praktisch ununterbrochene Ölplünderungen in der nordöstlichen syrischen Provinz al-Hasaka, sind etwa die endlosen Prozessionen von Dutzenden Öltankern, die über die Grenzübergänge al-Walid oder al-Mahmoudiya in den Nordirak fahren und in der Regel von den durch die USA unterstützten kurdischen Milizen eskortiert werden.
Als ob eine Erinnerung daran nötig wäre, ist sich die globale Mehrheit völlig darüber im Klaren, dass der IS im Wesentlichen eine US-geführte Truppe ist, ein Ableger von Al-Qaida im Irak, entstanden in Flüchtlingslagern an der irakisch-kuwaitischen Grenze. Die Syrischen "Demokratischen" Kräfte (SDF) kann man kaum als demokratische Verbündete der USA bezeichnen, die als "Koalition" ethnischer Milizen zusammengestellt wurden, die größtenteils von Kurden angeführt werden, aber auch ein paar arabische Stammesangehörige, Turkmenen und salafistisch-dschihadistische Tschetschenen umfassen.
Als ob die ununterbrochene Plünderung von Öl nicht genug wäre, schickt das Pentagon weiterhin lastwagenweise Munition und Ausrüstung nach al-Hasaka. Endlose Konvois bewegen sich hin und her zu den illegal errichteten US-Militärstützpunkten in der Umgebung, insbesondere zu einem Stützpunkt bei den Ölfeldern von al-Dschibsah in der Nähe der Stadt al-Shaddadah. Kürzlich überquerten 39 Tanklaster des US-Militärs den illegal errichteten Grenzübergang al-Mahmoudiya in Richtung Irakisch-Kurdistan, beladen mit gestohlenem syrischem Öl.
Trotz dieser groben Tatsachen bleibt Russland in dieser Frage übermäßig diplomatisch. Michail Bogdanow, Putins Sonderbeauftragter für den Nahen Osten und Afrika, sagte kürzlich gegenüber al-Arabiya: "Washington nutzt den Vorwand der Terrorismusbekämpfung, um östlich des Euphrat in wirtschaftlich wichtigen Gebieten präsent zu sein, wo es reichlich Erdöl und strategische natürliche Reserven gibt." Er hob vor allem die im südsyrischen At-Tanf stationierten US-Truppen und die amerikanische "Unterstützung" für die SDF in Nordsyrien hervor. Doch das ist nicht gerade eine bahnbrechende Enthüllung, die bei den US-Bürgern für Aufsehen sorgen würde.
Sie stehlen syrisches Öl, weil sie es können
Nach Angaben von Damaskus wurden dem gesamten syrischen Energiesektor zwischen 2011 und 2022 durch eine giftige Mischung aus US-Besatzung, Bombenangriffen der "Koalition" und Diebstahl oder Plünderung durch terroristische und separatistische Banden der Gegenwert von erstaunlichen 107 Milliarden US-Dollar geraubt.
Es gibt nicht weniger als ein Dutzend US-Militärstützpunkte in Syrien. Einige davon sind größer als die sogenannten "Lilly Pads" (Seerosenblätter), die weniger als 40.000 Quadratmeter groß und weniger als zehn Millionen US-Dollar wert sind. Alle Stützpunkte sind de facto illegal errichtet worden und werden schon gar nicht von Damaskus anerkannt. Die Tatsache, dass 90 Prozent des syrischen Öls und Gases östlich des Euphrat in Gebieten konzentriert sind, die von den USA und ihren kurdischen Stellvertretern kontrolliert werden, erleichtert den Raubzug des Imperiums erheblich.
Die faktische Besetzung dieses Teils Syriens betrifft nicht nur ein Gebiet mit großen Vorkommen an Öl und Gas, sondern umfasst auch einige der fruchtbarsten Agrarflächen Syriens. Im Ergebnis führte es dazu, dass Syrien zu einem Nettoimporteur von Energie und Nahrungsmitteln geworden ist. Iranische Tanker sind regelmäßig mit israelischer Sabotage konfrontiert, wenn sie dringend benötigtes Öl an die östliche Mittelmeerküste Syriens transportieren.
Sich darüber zu beschweren, ruft beim Hegemon lediglich Schulterzucken hervor. Anfang des Jahres forderte das chinesische Außenministerium das Imperium der Plünderer dazu auf, den Syrern und der "internationalen Gemeinschaft" umfassende Auskünfte über den Diebstahl von syrischem Öl zu geben. Diese Aufforderung stand im Zusammenhang mit einem Konvoi von 53 Tanklastwagen, die Anfang 2023 gestohlenes syrisches Öl zu US-Militärstützpunkten im irakischen Kurdistan transportierten. Damals hatte Damaskus bereits offengelegt, dass mehr als 80 Prozent der täglichen Ölproduktion Syriens von den USA und ihren "demokratischen" Stellvertreterkräften gestohlen und außer Landes geschmuggelt wurden – und das allein in der ersten Hälfte des Jahres 2022.
Syriens ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, Botschafter Bassam al-Sabbagh, hat wiederholt angeprangert, dass durch den "Diebstahl von Ressourcen, Öl, Gas und Weizen" durch die USA, Millionen Syrer in den Zustand einer Energie- und Ernährungsunsicherheit gebracht wurden und einen großen Teil der Bevölkerung in den Status von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen versetzt hat.
Ohne die Vertreibung der westlichen Plünderer sind die Aussichten für einen Wiederaufbau Syriens gering. Dies muss durch eine konzertierte Zusammenarbeit zwischen den russischen Streitkräften, der syrisch-arabischen Armee und den Quds-Truppeneinheiten der iranischen Revolutionsgarde geschehen. Damaskus kann das allein nicht stemmen. Die Iraner greifen die US-Amerikaner über ihre Milizen zwar regelmäßig an, doch die Ergebnisse daraus sind marginal. Um das Imperium zu vertreiben, gibt es keinen anderen Weg, als den Preis für den Diebstahl syrischen Öls unerträglich zu machen und hohe Verluste unter den US-Soldaten zu verursachen. Das ist die einzige Sprache, die in den USA verstanden wird.
Dann ist da noch der Sultan vom Bosporus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan setzt alles daran, den Eindruck zu vermitteln, dass sich die Beziehungen Ankaras zu Moskau ständig weiterentwickeln, und hofft, dass sein Amtskollege Wladimir Putin im August die Türkei besuchen wird. Das ist jedoch eher unwahrscheinlich. Wenn es um Syrien geht, mauert Erdoğan. Die russische Luftwaffe übt unterdessen weiterhin Druck auf Ankara aus und bombardiert ihre stellvertretenden Terrorbanden salafistischer Dschihadisten in Idlib, allerdings nicht so intensiv wie zwischen 2015 und 2020.
Das wiedergeborene Palmyra
Trotz all der düsteren Stimmung geschah am 23. Juli etwas fast Magisches. Sechs Jahre nach der Befreiung von Palmyra – der legendären Oase entlang der antiken Seidenstraße – und nach der Überwindung aller nur erdenklicher bürokratischen Hürden, hat die Restaurierung dieser Perle in der Wüste endlich begonnen.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, fand einen Weg, dieses Ereignis mit einem passenden Vergleich mit der Ukraine zu feiern:
"Im Kampf gegen Denkmäler für gefallene sowjetische Soldaten, sind die Ukrofaschisten die besten. Es ist sinnlos, an das Gewissen oder die historische Erinnerung des gegenwärtigen Kiewer Regimes zu appellieren – es gibt keines. Nachdem die Ziele der russischen Militäroperation erreicht sind, werden alle zerstörten Denkmäler in der Ukraine wieder errichtet. In Russland gibt es Spezialisten für Restaurierungen nach einem Krieg. Ein Beispiel für ihre selbstlose Arbeit und Professionalität ist die Wiederherstellung von Palmyra in Syrien."
Russische Spezialisten haben die antike Quelle von Efka ausgegraben, die seit der Bronzezeit zur Bewässerung der Gärten von Palmyra diente, und diese neu angelegt. Es gelang ihnen auch, den zwölf Kilometer von der Stadt entfernten römischen Aquädukt zu finden, der einst Palmyra mit Trinkwasser versorgte. Die Römer hatten damals einen Tunnel gegraben, der im Durchmesser fast der Größe eines erwachsenen Menschen entsprach. Er wurde nahezu unversehrt aufgefunden.
Als die Franzosen im 20. Jahrhundert das Hotel Meridien in Palmyra errichteten, blockierten sie den Aquädukt, sodass kein Wasser mehr fließen konnte. Russische Archäologen machten sich zwar umgehend an die Arbeit und legten den Aquädukt wieder frei, doch das Problem ist, dass die Franzosen diese Trinkwasserquelle komplett ruiniert haben: Der Aquädukt ist völlig ausgetrocknet.
Für Palmyra ist die Restaurierung des legendären Theaters noch vor Ende 2023 geplant. Die Restaurierung des vom IS mit Dynamit gesprengten Triumphbogen wird zwei Jahre dauern. Der Tempel des Bēl aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. und andere historische Bauten sollen ebenfalls restauriert werden, während bereits nach Finanzquellen dafür gesucht wird. Vielleicht sollte jemand bei der New Development Bank in Shanghai anrufen.
Natürlich ist die Wiederherstellung Syriens als Ganzes eine enorme Herausforderung. Man könnte damit beginnen, es syrischen Unternehmen zu erleichtern und ihnen die Steuern zu erlassen. Russland und China könnten helfen, indem sie eine Struktur für den Import syrischer Produkte mit einheitlicher Qualitätskontrolle für den Verkauf auf ihren Märkten einrichten und so die bürokratische Belastung für den durchschnittlichen syrischen Produzenten und Händler verringern, während Russland zudem syrische Produkte gegen Weizen und Landmaschinen eintauschen könnte.
Lösungen sind möglich und der Wiederaufbau Syriens steht bevor. Die Solidarität der globalen Mehrheit mit Syrien sollte stark genug sein, um das Imperium des Chaos, der Plünderung und der Lügen endgültig zu beenden.
Dieser Text erschien in englischer Sprache bei The Cradle.
Pepe Escobar ist ein unabhängiger geopolitischer Analyst und Autor. Sein neuestes Buch heißt "Raging Twenties" (Die wütenden Zwanziger). Man kann ihm auf Telegram und auf Twitter folgen.
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