Die USA betrachten den Aufbau starker wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Beziehungen zu Vietnam als eine "Priorität", sagte die US-Finanzministerin Janet Yellen am Donnerstag bei einem Treffen mit vietnamesischen Regierungsbeamten. Yellen traf nach Besuchen in Peking und Indien in Vietnam ein, wo sie am Finanzministertreffen der Gruppe der 20 wichtigsten Industrieländer teilnahm.
"Die USA betrachten Vietnam als einen wichtigen Partner bei der Förderung eines freien und offenen Indopazifiks", sagte Yellen dem vietnamesischen Premierminister Pham Minh, wie das US-Finanzministerium mitteilte.
Die Nachrichtenagentur AP berichtet, ein "freier und offener Indopazifik" sei die jüngste Variante einer breit angelegten Kampagne der US-Diplomatie, die darauf abziele, engere Beziehungen zu anderen Ländern in der Region zu knüpfen, um Chinas wachsendem Einfluss auf seine Nachbarn entgegenzuwirken. Der Slogan "Freier Indopazifik" ist aber in der Tat vor allem eine Kampfansage der USA an die aufsteigende Weltmacht China.
Yellen erklärte, die USA hätten die Bedeutung einer "Diversifizierung der Lieferketten" erkannt, nachdem sie die Unterbrechungen durch die COVID-19-Pandemie erlebt haben. "Und dann, als Russland in die Ukraine einmarschierte, sahen viele Länder, welche Folgen es haben kann, wenn man – im Falle Europas bei Erdgas und Öl – zu sehr von einem Land abhängig ist", lautete die Darstellung von Yellen.
Yellens Besuch ist Teil der konzertierten Bemühungen der USA, den wachsenden Einfluss Chinas im indopazifischen Raum auszugleichen. Anfang dieses Jahres besuchte der US-Außenminister Antony Blinken Vietnam, wenige Wochen nach dem 50. Jahrestag des US-Truppenabzugs, der das Ende des direkten jahrzehntelangen militärischen Kampfes der USA gegen Vietnam markierte. Er versprach, die Beziehungen auf eine neue Ebene zu heben. Im Grunde zielen die USA derzeit darauf ab, weitere asiatische Länder in eine mögliche direkte Konfrontation mit China im Südchinesischen Meer zu ziehen.
Mehr zum Thema - Inmitten der tobenden Systemrivalität: Kissinger trifft in Peking chinesische Spitzenpolitiker