Ein Kommentar von Timur Fomenko
Vorletzte Woche führten China und Russland eine gemeinsame Luftpatrouille über dem Japanischen und dem Ostchinesischen Meer durch. Es war die sechste Übung dieser Art seit Beginn solcher gemeinsamen Flüge im Jahr 2019 und ein routinemäßiger Bestandteil der militärischen Zusammenarbeit beider Länder. Sowohl Japan als auch Südkorea reagierten mit der Entsendung eigener Kampfflugzeuge.
China und Russland sind flächenmäßig Länder von enormer Größe. Und beide Mächte befinden sich in einer Pattsituation mit den Vereinigten Staaten und ihren Stellvertretern an verschiedenen globalen Schauplätzen, sei es in Europa mit der Ukraine oder im Südchinesischen Meer mit Taiwan. Der geografische Raum Nordostasiens nimmt dabei eine einzigartige Stellung ein, da dies die einzige Region ist, in der China und Russland eine gemeinsame Seegrenze mit Japan haben. Während Tokio auf eine von den USA unterstützte Remilitarisierung drängt, hat es sich zunehmend zum Gegner sowohl von Moskau als auch von Peking entwickelt. Was dazu führte, dass Russland und China gemeinsam gegen diesen wiedererstarkten US-Vasallen arbeiten.
Der Archipel, der das Territorium Japans bildet, ist ein entscheidender Außenposten für die US-amerikanische Vorherrschaft über Asien. Denn er ermöglicht eine direkte Projektion militärischer Gewalt auf den eurasischen Kontinent, die sowohl China als auch Russland ins Visier nimmt und sich nach Süden, entlang der Ostküste des Kontinents bis zur kritischen "ersten Inselkette" erstreckt. Nach der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg verwandelte Washington das Land in einen Vasallenstaat, um inmitten des aufkommenden Kalten Krieges dort US-Streitkräfte stationieren zu können. Die Vereinigten Staaten errichteten Militärstützpunkte auf japanischem Boden und bauten die japanischen Häfen für US-Kriegsschiffe aus, darunter auch Flugzeugträger.
Mit der Ausweitung der US-amerikanischen Prioritäten in Asien ändert sich jetzt jedoch die Dynamik. Zusätzlich zu der bestehenden US-Militärpräsenz in Japan hat Washington Tokio grünes Licht gegeben, seine eigenen verfassungsmäßigen Beschränkungen zu überwinden und eine umfassende Aufrüstung anzustreben, die eine bereits zugesagte langfristigen Erhöhung der Verteidigungsausgaben um über 60 Prozent mit sich bringt. Dies wiederum wurde von japanischen Militär- und Geschichtsrevisionisten vorangetrieben, die sich in der Tradition der politischen Vorherrschaft der Kaiserzeit sehen. Da Japan seine Gräueltaten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs leugnet und sich bisher nie dafür entschuldigt hat, stellt das Wiederaufleben eines nationalistischen und militaristischen Tokios eine Bedrohung für die gesamte Region Asien dar. Und es erhöht die Gefahr eines Wettrüstens Japans gegen Russland und China.
Obwohl Japan ein stark integrierter Handels- und Wirtschaftspartner Chinas ist, sieht das Land den Aufstieg Pekings nun als politische und wirtschaftliche Bedrohung an, da dieser die japanische Machtposition in Asien auf den Kopf stellen wird. In ähnlicher Weise versucht Japan, sich mit zunehmendem Militarismus zu "globalisieren" und sich engmaschiger in den Westen zu integrieren. Daher ist Premierminister Fumio Kishida bestrebt, den Einfluss der NATO nach Asien zu bringen. Er besuchte Kiew am selben Tag, an dem der chinesische Präsident Xi Jinping Moskau besuchte, nahm an einem NATO-Gipfel teil und setzt sich für die Eröffnung eines NATO-Verbindungsbüros in seinem Land ein. Damit hat sich Tokio gleichzeitig zum Feind Moskaus und Pekings gemacht.
Weder China noch Russland wollen ein wiedererstarktes Japan sehen, das eine NATO-Präsenz in die Region einlädt. Dies hat zu einer doppelten "Reaktion" geführt, wobei Tokio zu einem vorrangigen, sich überschneidenden Interessengebiet zwischen Peking und Moskau wurde. Obwohl China und Russland eine "grenzenlose" strategische Partnerschaft pflegen, können ihre individuellen Prioritäten und Schwerpunkte aufgrund der geografischen Lage unterschiedlich sein. Welchen Nutzen hat beispielsweise das Südchinesische Meer für Russland, das dort keine maritime Präsenz hat? Im Bereich Nordostasien gibt es solche Unterschiede jedoch nicht, da der Marsch hin zur japanischen Aufrüstung, die Ausweitung des NATO-Einflusses und die militärische Projektion der USA für beide Länder die gleichen Risiken bergen. Das Japanische Meer ist für Moskau und Peking im Wesentlichen ein gemeinschaftlicher Hinterhof.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der Abstimmung zwischen China und Russland in dieser Frage um eine Vereinbarung des Machtgleichgewichts. Ein Dritter, den die beiden Länder in dieser spezifischen Region ebenfalls als "freundschaftlich" betrachten könnten, ist Nordkorea. All dies lässt Erinnerungen an eine längst vergangene Ära des Kalten Krieges wieder aufleben. Obwohl Pjöngjangs Atom- und Raketenprogramme die Stabilität in der Region auf den Kopf stellen sowie eine Aufrüstung Japans und eine verstärkte US-Militärpräsenz in Südkorea ermöglichen, ist es aufgrund seiner geografischen Bedeutung ein wichtiges militärisches Gegengewicht.
In diesem neuen strategischen Umfeld liegt es weder im Interesse Moskaus noch Pekings, sich an die von den USA geführten Sanktionsprogramme gegen Nordkorea zu halten und die Eindämmung Pjöngjangs zuzulassen. Doch angesichts der Konfrontation mit Washington ist es offensichtlich, dass Japan zum primären militärischen Problem geworden ist. Langfristig wird die Region rund um das Japanische und Ostchinesische Meer eine sehr volatile und angespannte Region sein, und daher ist die chinesisch-russische militärische Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung, um das japanische Abenteurertum einzudämmen. Das daraus resultierende Wettrüsten bedeutet jedoch, dass die regionale Sicherheit weiterhin eine Gratwanderung sein wird.
Aus dem Englischen
Timur Fomenko ist ein politischer Analyst.
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