Von Seyed Alireza Mousavi
Unter chinesischer Schirmherrschaft einigten sich am Freitag die langjährigen regionalen Rivalen Iran und Saudi-Arabien in Peking auf die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen – nach sieben Jahren Eiszeit. Die Meldung hat im Nahen Osten für Verwunderung gesorgt und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der die angebliche Bedrohung Irans für die Region zur obersten Priorität seiner Außenpolitik gemacht hatte, einen symbolischen Schlag versetzt.
Die beiden regionalen Führungsmächte bemühen sich schon längst um Entspannung. Riad hatte die Beziehungen zu Teheran 2016 abgebrochen, nachdem die saudische Botschaft in Teheran von Demonstranten attackiert worden war. Hintergrund war Unmut über die Hinrichtung eines bekannten schiitischen Dissidenten im sunnitischen Saudi-Arabien gewesen.
Für China war es ein diplomatischer Erfolg, dass die Vereinbarung unter chinesischer Vermittlung in Peking erreicht wurde. Staatschef Xi Jinping hatte bereits im Dezember Saudi-Arabien besucht und im Februar den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Peking empfangen. Peking stellt nun die Annäherung der beiden Rivalen in Nahost als Bestätigung seiner Balancepolitik in der Region heraus, die im Gegensatz zur US-Politik nicht darauf abzielt, den Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu befeuern.
Den USA ist in den letzten Jahrzehnten eine besondere Bedeutung für die Entwicklung und Gestaltung des Nahostkonflikts zugekommen. Die Grundlage dafür bieten der Weltmachtanspruch der USA und Israels Sonderstellung in den Beziehungen zu den USA, also die sogenannte "special relationship". Im Gegensatz zu China, dessen Machtausbau durch Entspannung auf der Weltbühne zustande kommt (Stichwort Neue Seidenstraße), basiert die geopolitische Machtbasis der USA auf Spalten und Herrschen (Militärinterventionen in Afghanistan und im Irak). Im geopolitischen Kontext fungiert Israel als Außenposten der USA und versucht in letzter Zeit, durch das Anfachen von Furcht vor Iran Spaltung in der Region zu schüren, damit der Westen seine Interessen in Nahost durchsetzen kann.
Der Westen hatte als jüngstes Beispiel im November 2022 mit einer Medienkampagne einen bevorstehenden Angriff Irans auf Saudi-Arabien herbeifantasiert, um die mögliche Annäherung zwischen Teheran und Riad zu verhindern. Die Annäherung als solche stellt eine große Bedrohung für die Positionen Israels und der USA im Nahen Osten dar.
Israel hat in letzter Zeit versucht, eine nahöstliche Allianz unter US-Führung gegen Iran zu schmieden. Israel, Saudi-Arabien und andere Golfstaaten haben nach Ansicht der israelischen Regierung einen gemeinsamen Feind: Iran. Tel Aviv hat längst ein Bündnis nach dem Vorbild der NATO ins Gespräch gebracht. Für solch ein Bündnis ist aber eine Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien vorausgesetzt. Riad sollte dabei baldmöglichst in die Abraham-Abkommen eingebunden werden, mit denen Israel vor zwei Jahren seine Beziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain und Marokko normalisiert hatte. Nun scheint die Normalisierung zwischen Israel und Saudi-Arabien in weite Ferne gerückt zu sein.
Die Nachricht von der Annäherung zwischen Iran und Saudi-Arabien wurde daher in Israel mit Überraschung und Besorgnis aufgenommen. Die Ankündigung untergrub die israelischen Hoffnungen, eine regionale "Sicherheitsallianz" gegen Iran zu bilden. Sie deutet darauf hin, dass andere Länder im Nahen Osten Iran nicht mehr als Bedrohung betrachten und wenig Gewinn darin sehen, Teheran in dem Maße zu isolieren und zu bekämpfen, wie Israel es tut. Das Abkommen zwischen Saudi-Arabien und Iran sei "ein komplettes und gefährliches Scheitern der israelischen Außenpolitik", betonte Oppositionsführer Jair Lapid. Dabei ist auch anzumerken, dass iranische und saudische Geheimdienstdelegationen fünf Tage lang in der chinesischen Hauptstadt zusammengetroffen waren, ohne dass der israelische Geheimdienst davon gewusst hatte.
Das Abkommen in Peking kann als historischer Deal zwischen Iranern und Saudis betrachtet werden, der die asiatische Integration voranbringt. Iran beobachtet derzeit mit Schadenfreude anhaltende Massenproteste gegen die Netanjahu-Regierung in Israel, während Teheran seine Beziehungen zu Russland und China zur Umgehung der westlichen Sanktionen weiter stärkt.
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