Jiang Zemin, der China ins 21. Jahrhundert geführt hatte, ist den Berichten chinesischer Medien zufolge am Mittwoch in Shanghai gestorben. Die Sorge um die Gesundheit des 96-Jährigen war bereits durch seine Abwesenheit beim 20. Parteitag der Kommunistischen Partei im vergangenen Monat aufgekommen.
Jiang stand von 1989 bis 2002 an der Spitze der Kommunistischen Partei Chinas und war von 1993 bis 2003 auch Präsident der Volksrepublik. Er war der erste Staatschef seit Mao Zedong, der nicht persönlich zu Maos Generation der revolutionären Kämpfer gehörte. Er wurde weithin als Kompromisskandidat für die Nachfolge Deng Xiaopings wahrgenommen, dessen reformorientierte Amtszeit durch die Massenproteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens und die darauf folgende Niederschlagung durch die Regierung überschattet wurde.
Unter der Führung von Jiang setzte China seine Entwicklung zu einer wirtschaftlichen und politischen Großmacht fort. Er sorgte für den Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation WTO im Jahr 2001 und die Übergabe Hongkongs an China im Jahr 1997.
Die Stadt war als Folge der Opiumkriege fast ein Jahrhundert lang britische Kolonie gewesen. Peking verpflichtete sich, nach der Rückgabe seines Territoriums die Regelung "ein Land, zwei Systeme" beizubehalten. Diese Vereinbarung ermöglichte es Hongkong, in internen Angelegenheiten ein hohes Maß an Selbstbestimmung beizubehalten, während Fragen der nationalen Verteidigung und der Außenpolitik an die Zentralregierung abgetreten wurden.
Jiang trat im Laufe mehrerer Jahre ab 2002 sukzessive von seinen Führungspositionen zurück und machte den Weg für die Regierung unter Hu Jintao frei. Ihm wird das Verdienst zugeschrieben, für einen friedlichen Machtwechsel gesorgt zu haben, im Gegensatz zu den eher chaotischen Übergängen, die es in der modernen Geschichte Chinas zuvor gegeben hatte.
Der letzte öffentliche Auftritt des Staatsmannes war im Oktober 2019, als er neben dem aktuellen Präsidenten Xi Jinping und anderen Würdenträgern bei einer Parade anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der Volksrepublik China stand. Den Medienberichten zufolge sei Jiang "infolge einer Leukämie und wegen eines multiplen Organversagens" gestorben. "Genosse Jiang Zemin" wurde in der Todesnachricht der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua als "herausragender Führer mit hohem Prestige" gewürdigt. Er sei ein "großer Marxist und großer proletarischer Revolutionär" gewesen.
Mehr zum Thema - Xi Jinping auf Parteitag: China zu einem "modernen sozialistischen Land" machen